08.04.2021
Astrid Sult

Jetzt bin ich dran! – Arbeit und Freizeit trennen: für Tagesmütter und -väter oft nicht leicht

Für Tagespflegepersonen, die im eigenen Haushalt betreuen, sind die Übergänge zwischen Beruf und Privatleben oft fließend. Aber es ist wichtig, bei allem Kümmern um Tageskinder und eigene Familie sich selbst nicht zu vergessen.

Die Diskussionen in den Zeiten der Corona-Pandemie zum Thema Homeoffice, und dabei insbesondere das Thema Arbeitszeiten und Abgrenzung zwischen Privat- und Arbeitsleben, haben sicherlich viele Kindertagespflegepersonen aufhorchen lassen. Denn Tagesmütter und -väter, insbesodere diejenigen, die Kinder ausschließlich in ihren privaten Wohnräumen betreuen, müssen schon immer die Vor- und Nachteile der Öffnung des privaten Raums für eine bezahlte Tätigkeit abwägen.

 In der Grundqualifizierung zur Kindertagespflegeperson wird vermittelt, was es bedeutet, mit den spezifischen Anforderungen an eine Tätigkeit im eigenen Haushalt umzugehen. Neben den Fragen zur Betreuung von Kindern wird über die isolierte Arbeitssituation, aber auch die Abstimmungsbedarfe mit der eigenen Familie gesprochen. Neben der Reflexion der beruflichen und privaten Biografie geht es um eine Stimmigkeit zwischen privaten und beruflichen Interessen. Wieviel Zeit und Energie dann tatsächlich notwendig sind, um sie hinzubekommen, ist vor der Aufnahme der Tätigkeit jedoch noch nicht wirklich abzusehen.

Kindertagespflegepersonen gehen nicht ins Büro, sondern holen sich die Arbeit nach Hause. Da kommt es schon mal vor, dass die Arbeit kein echtes Ende hat, die Grenzen zwischen Arbeitszeiten und Feierabend verschwimmen. Neben dem Kommen und Gehen der Eltern und abendlichen Anrufen, weil sie noch Fragen haben, gehören Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Putzen und vieles mehr mit zum Beruf – was meist außerhalb der Betreuungszeiten erledigt wird. Tragfähige Beziehungen mit Eltern und Kindern aufzubauen und das Kerngeschäft, den pädagogischen Alltag gut zu gestalten, all das ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, die oft weit über die bezahlten Stunden hinausgeht.

Sich abzugrenzen ist darum neben den alltäglichen Aufgaben, die die Betreuung mit sich bringt, ein ständiger Auftrag an sich selbst. Die physische und psychische Konstitution eines Menschen ist mehr oder weniger stabil – und kann besonders in der pädagogischen Tätigkeit schwanken, weil diese immer wieder neu auf die Probe gestellt wird. Um Stabilität im Handeln zu erhalten ist es wichtig, Selbstfürsorge zu betreiben.

Selbstfürsorge – gerade, wenn zu Hause gearbeitet wird – muss immer wieder neu in den Blick genommen werden, und nur man selbst kann darauf achten. Feierabend zu machen und dann auch wirklich nicht mehr zu arbeiten fällt vielen Fachkräften schwer, weil die Tätigkeit nicht wie ein fertiges Werkstück beiseite gelegt werden kann, sondern Planung, Reflexion und vorausschauendes Handeln ständig stattfinden können – und für gutes Arbeiten ungeheuer wichtig sind.

So nobel es ist, immer für alle ansprechbar zu sein und eventuell die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen, sollte dies immer in einer guten Balance mit dem eigenen Wohlergehen geschehen. Immer wieder sollte man sich fragen: Muss es jetzt wirklich sein, dass ich noch mit Theos Mutter telefoniere? Muss heute Abend unbedingt noch Angebot xy für morgen vorbereitet werden?

Wer immer nur für andere da ist, kann nicht für sich selbst da sein. Es fehlt dann schlichtweg die Energie, sich um sich selbst zu kümmern. Sich zu erlauben, sich auch um sich selbst zu kümmern, ist ein guter Anfang – und oft ist dies erst einmal notwendig, um überhaupt beginnen zu können.

Manchmal artet Selbstfürsorge aber auch in Stress aus. Ein Beispiel: Sie haben sich zu einem Yoga-Kurs angemeldet, der um 17.00 Uhr beginnt. Nach Ihrer Arbeit machen sie sich auf den Weg. Doch Ihr Fahrrad hat einen Platten, der Bus kommt nicht und schließlich laufen Sie den Weg, kommen zu spät und steigen abgehetzt in den Kurs ein. So richtig entspannen können Sie nicht, weil Sie sich eigentlich nach Ihrer Couch und Ruhe sehnen und sich fragen, ob es wirklich lohnt, Geld in einen Yoga-Kurs zu investieren, der dann doch nicht zu Ihrer Entspannung beiträgt. Das ist keine Selbstfürsorge.

Hinter der Selbstfürsorge steckt viel mehr als nur etwas zu tun, was einem gut tut. Bedenken Sie bitte immer: Sie sind Ihr eigenes Arbeitswerkzeug, das gut gepflegt werden muss, damit es nicht kaputt geht. Sie müssen sich gut behandeln und dürfen sich nicht über Gebühr beanspruchen, damit Sie auch morgen noch voller Freude Ihre Tätigkeit ausüben können.

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