Frau Mayr, wie beeinflussen die Auswirkungen der Pandemie Ihre Arbeit mit den Kindern?
Frau Mayr: Ich bin Erzieherin geworden, weil es mir Freude macht, Kinder pädagogisch in ihrer Entwicklung zu begleiten. Während der Notbetreuung war pädagogisches Arbeiten bei uns allerdings fast nicht mehr möglich. Das lag zum einen daran, dass wir weniger Kinder in der Gruppe hatten und auch nicht jedes Kind an allen Tagen in die Krippe kam. Zum anderen kamen vorrübergehend neue Kinder in unsere Gruppe, die wir gar nicht kannten. Und dann vermischten sich noch verschiedene Altersgruppen miteinander. Eine schwierige und zum Teil auch frustrierende Situation. Wir haben uns die größte Mühe gegeben und auch ein paar Angebote machen können, aber vieles war schlichtweg nicht plan- und machbar. Der Alltag hat uns gefehlt. Durch die Wiederöffnung der Kitas hat sich zumindest die Notbetreuungssituation geändert und alle Kinder sind zurück in ihren normalen Gruppen.
Wie war die Wiedereröffnung dieses Mal – im Vergleich zum Sommer 2020?
Dieses Mal habe ich den Einstieg deutlich anstrengender empfunden als im letzten Jahr. Das liegt vielleicht daran, dass es die Krippengruppe, in der ich arbeite, erst seit Februar 2020 gibt und wir nach dem ersten Lockdown im Juli 2020 nur sechs Kindern in unserer Gruppe hatten. Das war überschaubar. Im Februar 2021 hingegen waren es zwölf, die in die Gruppe zurückkamen. Ein zweiter großer Unterschied war, dass wir nach dem ersten Lockdown bei zwei Kindern die Eingewöhnung wiederholt haben. Zwar in etwas verkürzter Form, aber es wurde eigentlich wieder von vorne angefangen. Für manche Kinder war es damals verwirrend, dass plötzlich wieder Mamas in der Gruppe dabei waren, aber die eigenen Eltern nicht. Dieses Mal haben wir uns gegen eine erneute Eingewöhnung entschieden. In manchen Fällen haben die Eltern ihre Kinder zwar früher abgeholt, aber in der Gruppe sind sie nicht mehr geblieben. Und das war meiner Meinung nach eine gute Entscheidung.
Herrscht im Moment also wieder so etwas wie Alltag?
Im Moment haben wir einen eingeschränkten Regelbetrieb, so wie auch das ganze letzte Jahr nach dem ersten Lockdown. Das bedeutet, es dürfen zwar alle Kinder wieder zu uns kommen, aber wir dürfen uns nicht mit anderen Gruppen vermischen. Weder auf dem Flur, noch in den Räumen. Es gibt bestimmte Badzeiten, weil sich immer zwei Gruppen ein Bad teilen. Auch im Garten dürfen sich gleichzeitig nur zwei Gruppen aufhalten, und die Gartenfläche ist auch getrennt. Unser offenes oder teiloffenes Konzept können wir unter diesen Umständen nicht einhalten. Ich dürfte nicht einmal für eine Erzieherin aus einer anderen Gruppe bei Krankheitsfall einspringen, auch wenn sich gerade viele krankmelden.
In Ihrer Einrichtung arbeiten Sie seit August 2020 mit Masken, auch mit den Krippenkindern. Wie wirkt sich das auf die pädagogische Arbeit aus?
Das Arbeiten mit der Maske ist schwierig, das haben wir vor allem bei den Eingewöhnungen gemerkt. Durch die Masken geht ein Kommunikationsweg verloren, der gerade bei Krippenkindern noch wichtiger ist als zum Beispiel bei Kindergartenkindern. Mit einem freundlichen, lächelnden Gesicht könnten wir einem neuen Kind einfacher Vertrauen vermitteln und zeigen: „Hey, wir freuen uns, dass du da bist. Alles ist gut, alles ist in Ordnung.“ Das fällt durch die Maske weg. Viele Kinder kennen unser Lächeln auch gar nicht, weil sie uns noch nie ohne Maske gesehen haben. Aber ja, wir machen das Beste draus. Am Anfang war die Situation schwieriger. Ich denke, mittlerweile haben sich die Kinder gut an die Masken gewöhnt. Und auch, wenn gerade im Hinblick auf die Eingewöhnung vieles einfacher ohne Maske wäre, kann ich trotzdem sagen: Ich habe mir die Auswirkungen schlimmer vorgestellt, als sie letztendlich sind.
Auch mit Masken und Sicherheitsvorkehrungen steigen die Infektionszahlen wieder – trotzdem bleiben Kitas und Schulen im Moment geöffnet. Was denken Sie darüber?
Ich fühle mich als Erzieherin schon ein bisschen vom Staat verheizt. Wenn ich dann Argumentationen höre, wie: „In Kitas passiert ja nichts“, gleichzeitig aber immer mehr Einrichtungen wegen Infektionsfällen schließen und wissenschaftliche Studien sich widersprechen, fühle ich mich von der Politik allein gelassen. Generell bin ich froh, dass die Kitas wieder geöffnet haben und wir die Notbetreuung hinter uns haben – das war wichtig für die Kinder. Aber andererseits kann ich über manche politischen Entscheidungen nur noch lächeln. Oft kommt es mir und meinen Kollegen so vor, als würde nur nach Argumenten gesucht, warum man zurück zur Normalität muss, aber es wird weniger überlegt, was der sinnvollste Weg wäre.
Inwieweit hilft in dieser Situation das Impfangebot für pädagogisches Fachpersonal?
Dass wir als Erzieher jetzt in die Prioritätsgruppe 2 hochgestuft wurden, freut mich sehr. Für mich bedeutet die Impfung eine deutliche Erleichterung in allen Bereichen. Aus meinem Team weiß ich, dass viele ähnlich denken. Aber es gibt auch einige, die nicht wissen, ob sie sich überhaupt impfen lassen wollen, weil sie der Impfung nicht trauen. Ich bin aber sehr zuversichtlich und warte schon auf meinen Impftermin, den ich hoffentlich bald bekomme.
Was denken Sie: Wird es nach den Impfungen in der Kita jemals wieder so wie früher?
Ich persönlich hoffe das sehr. Im Moment rechnen wir aber damit, dass wir vorerst weiterhin mit dem geschlossenen Konzept und einer strikten Trennung von Gruppen arbeiten müssen. Vielleicht ändert sich das, wenn sich genug Leute impfen lassen. Dann können wir hoffentlich auch wieder anfangen, große Feste wie ein gruppenübergreifendes Sommerfest zu planen.
Nina Mayr (24) hat 2019 ihre Ausbildung zur Erzieherin absolviert und studiert seitdem Grundschullehramt. Neben dem Studium arbeitet sie als Werkstudentin Teilzeit in einer Krippe bei München.
*Der Name unserer Interviewpartnerin wurde von der Redaktion geändert. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt.
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