Viele Kitas kämpfen mit Fachkräftemangel und Personalausfall. In Ihrer Kita arbeiten Sie unter anderem mit einer Personalampel. Wie genau sieht das aus?
Die Personalampel steht im Eingangsbereich und macht durch verschiedene Farben transparent, wo wir mit unserem Personal an jedem Tag stehen. Dunkelgrün heißt, alle Fachkräfte sind da und es ist Platz für Bildung und Qualität. Gelb bedeutet, dass nicht mehr alles geht, weil Fachkräfte fehlen und Rot heißt „Hilfe“, es gibt Personalnotstand und die Aufsichtspflicht kann nicht mehr gewährleistet werden. (Die ganze Ampel finden Sie am Artikelende). Wenn die Ampel auf Orange steht, wissen die Eltern auf einen Blick: Es fehlt an Personal. Manche sagen dann spontan: „Heute ist die Oma zu Hause, ich nehme mein Kind wieder mit.“ Oder die Mutter eines Ganztageskindes sagt: „Ich kann mein Kind heute früher abholen.“ Das ist nicht die Masse, aber es kann entlasten. Das Prinzip lautet: Wer kann was leisten in einer schwierigen Situation. Die Ampel kann dann verhindern, dass wir mit Personalmangel um 16 Uhr vorzeitig schließen müssen.
Wie kommt die Personalampel bei den Eltern an?
Allen muss klar sein, dass die Personalampel niemanden zu etwas verpflichtet. Bevor man die Ampel aufstellt, muss man sie auch erst einmal einführen. Man kann sie nicht in den Flur hängen und davon ausgehen, dass die Eltern sofort gut damit umgehen. Sie müssen zunächst verstehen, dass Personalmangel und Ausfallzeiten immer Auswirkung auf die pädagogische Qualität haben. Wenn wir Eltern fragen, was sie für ihre Kinder wollen, sagen alle: „Ich will, dass mein Kind sich in der Kita wohlfühlt, dass es gut betreut ist und dass es Bildung bekommt.“ Diese Qualität kann ich nur anbieten, wenn ich Personal habe.
Welche Botschaft sendet die Ampel?
Die Ampel soll nicht vorschreiben: „Nimm dein Kind jetzt wieder mit.“ Sie soll im Eingangsbereich hängen und Transparenz schenken. Eltern, die sich angesprochen fühlen und für die es kein Problem ist, ihr Kind zu Hause zu betreuen, können und wollen unterstützen. Auch früher abholen kann für eine deutliche Entlastung sorgen.
Sprechen Sie die Eltern bei Orange konkret auf die Ampel an?
Nein, denn das setzt alle unter Druck. Es geht um Freiwilligkeit. Je besser Eltern wissen und verstehen, dass gerade Personal fehlt, umso mehr wollen sie helfen. Das ist das beste Beispiel für solidarisches Verhalten. Es geht nur miteinander, das haben wir ja auch in der Pandemie lernen müssen. Das heißt aber nicht, dass ich eine berufstätige, alleinerziehende Mutter drangsaliere, ihr Kind wieder mitzunehmen.
Welche Eltern fühlen sich durch die Ampel angesprochen?
Durch die Ampel fühlen sich diejenigen angesprochen, die noch Kapazitäten haben. Es gibt Eltern, für die ist es kein Problem, mal ihr Kind wieder mitzunehmen. Vielleicht haben sie ein zweites kleines Kind zu Hause. Die Ampel darf nicht instrumentalisiert werden als „Du musst!“ Dann kann ich gleich Maßnahmen verhängen und sagen: „Alle, die nicht berufstätig sind, dürfen heute ihre Kinder nicht bringen.“ Die Ampel ist ein Zwischenschritt vor dem „Jetzt geht gar nichts mehr“ und die Eltern haben die Chance, durch die Transparenz mitzusteuern.
Wieso haben Sie die Ampel in der Kita aufgestellt, und nicht online?
An diese Möglichkeit haben wir auch schon gedacht und wollen dies auch angehen und mit dem neu gewählten Elternausschuss beraten. Vor Corona gab es noch keine Möglichkeit, online mit den Eltern zu kommunizieren. Datenschutzbestimmungen machen das nicht immer leicht. Durch die Pandemie haben wir jetzt datenschutzkonform einen Newsletter per Mail einrichten dürfen. Dazu waren Einverständniserklärungen der Eltern und Absprachen mit dem Träger nötig.
Henrike Holz, ist ausgebildete Erzieherin und arbeitet seit 1995 als Kitaleitung. Sie war Referentin auf dem DKLK 2021 und berät Fachkräfte zu verschiedenen pädagogischen Themen: www.kita-fortbildung-seminare.de.
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