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Tanja Wenzel: Das Gras ist gelb. Unsere beiden Apfelbäume sehen schlimm aus: Die Blätter schrumpeln schon.
Wenn die Kinder nach draußen gehen, sagen sie: „Die Wiese sieht komisch aus. Die Farbe ist so anders.“ Unter den Füßen fühlt sich alles pieksig an. Sie sprechen uns darauf an, warum sich die Pflanzen verändern. Wir haben seit letztem Sommer einen eigenen Baum in der Nachbarstraße. Den müssen wir jetzt mit der Gießkanne gießen, damit er überlebt.
Die Frage haben wir uns auch gestellt – und die Kinder gefragt. Bei uns in der Einrichtung ist Kinderbeteiligung sehr wichtig. So haben wir dann im Kinderparlament, das jede Woche zusammenkommt und in dem die Kinder wichtige Dinge rund um die Kita besprechen und entscheiden können, nach einer Lösung gesucht. Die Kinder wissen, dass wir an heißen Tagen normalerweise einen Rasensprenger aufstellen, an dem sie sich abkühlen können. Dieses Jahr war das anders. Wir haben den Kindern gesagt, dass es wenig geregnet hat. Ein paar haben von eigenen Beobachtungen erzählt. Etwa, dass sie beim Spazierengehen am Rhein viel mehr Ufer sehen als sonst. Trotzdem ist Wasser an heißen Tagen wichtig. Wir haben also gemeinsam überlegt, was wir machen können, damit die Kinder Wasser zum Abkühlen haben – ohne dabei zu viel zu verschwenden.
Die Kinder hatten eine Idee: In unserem Garten steht ein großer Matsch-Tisch mit einer Wanne. Die haben wir zweimal am Tag befüllt und jeder konnte sich ein bisschen Wasser zum Abkühlen rausnehmen. Die Kinder haben super mitgemacht und sehr darauf geachtet, das Wasser nicht zu vergeuden. So entstand aus der Situation heraus ein Mini-Projekt, das wir gar nicht geplant hatten. Die Kinder haben sich selbst eingebracht und dadurch verantwortlich gefühlt.
Wir haben zwei große Tonnen im Garten aufgestellt, mit denen wir Regenwasser auffangen. Daraus nehmen wir das Wasser, mit dem wir unseren Acker nebenan – ein weiteres Projekt – gießen. Die Nachbarschaft unterstützt uns ebenfalls. Wenn wir unseren Baum gießen – der steht zu Fuß circa zehn Minuten entfernt – dürfen wir Wasser von den Anwohnern nehmen. Dadurch müssen wir das Wasser nicht erst von der Kita zum Baum transportieren – und verspritzen dabei nicht unnötig Wasser.
Vor zwei Jahren hatten wir ein großes Projekt für die Rezertifizierung als Haus der kleinen Forscher. Schnell haben wir uns für das Thema Wasser entschieden. Es ist essentiell für unser Leben und wir benutzen es in so vielen Bereichen. Und: Die Kinder sind fasziniert davon. Gleichzeitig haben wir Erzieherinnen im Alltag beobachtet: Es gibt einige Bereiche, bei denen wir und die Kinder Wasser verschwenden.
Etwa beim Händewaschen. Wir mussten oft sagen: „Bitte macht den Wasserhahn zu, während ihr euch die Hände einseift. Das ist sonst Verschwendung“. Das hat aber nicht gereicht. Viele Kinder haben nicht verstanden, warum wir das eigentlich sagen. Also haben wir nach Wegen gesucht, um die Kinder feinfühliger für Wasser zu machen.
Wir haben uns als „Wasserdetektive“ auf die Suche gemacht. Zunächst haben wir auf einer Landkarte nachgeschaut, wo es in Köln überall Wasser gibt, auch kleinere Seen oder Flüsse. Klar, alle kennen den Rhein, aber die wenigstens kennen die vielen kleinen Bäche im Stadtgebiet. Die Kinder waren total überrascht, wie viele blaue Flecke es in und um Köln gibt. In einem weiteren Schritt haben die Kinder zuhause beobachtet, wofür sie Wasser brauchen. Auch beim gemeinsamen Essen in der Kita war Wasser oft ein Tischgespräch. Wir haben verschiedene Experimente gemacht, etwa: Wer kann schmecken, wie viel Wasser in einer Tomate ist?
Das war Thema in unserem Händewaschen-Projekt. Während der Projektwochen kam ein Kind auf und zu und meinte: „Beim Händewaschen brauchen wir ganz viel Wasser. Und manche machen den Wasserhahn gar nicht zu.“ Das war schön, weil der Junge von sich aus die Situation angesprochen hat, die ja auch schon uns Erzieherinnen aufgefallen war.
Wir haben seine Beobachtung in die Kindergruppe mitgenommen und daraus ein Abschlussprojekt für die Wasserwoche gemacht. Mit Messbechern haben wir gemessen: Wie viel Wasser brauchen wir, wenn wir beim Einseifen den Wasserhahn zu drehen? Und wie viel, wenn wir es laufen lassen? Der Unterschied war groß: Ein halber Messbecher, wenn wir den Hahn zudrehen. Drei Messbecher, wenn wir ihn laufen lassen. Ein paar Kinder waren richtig entsetzt, als sie die Mengen gesehen haben: „So viel Wasser? Das ist echt viel“.
Das Projekt hat uns nachhaltig sensibilisiert. Die Kinder, die damals dabei waren, sagen heute noch zu jüngeren: „Mach den Wasserhahn aus, verschwende das Wasser nicht.“ Oder wenn ein Kind das Wasser aus seiner Trinkflasche ausschüttet: „Das sollst du doch trinken, das ist doch für dich. Nicht einfach ausschütten.“ Das ging bis nach Hause: Ein Kind kam zu uns und hat erzählt, dass die Mama die Teller richtig lange mit Wasser abwäscht, bevor sie sie in die Spülmaschine stellt. Und dass das doch eigentlich doof sei. Allerdings merken wir auch, dass die Rückmeldungen der Kinder mit der Zeit weniger werden. Deshalb steht jetzt bald auch ein weiteres Projekt an.
Wir beobachten zurzeit, dass sich die Kinder bei den Mahlzeiten oft ihre Gläser randvoll einschenken, sie dann aber nicht austrinken. Wir planen ein ähnliches Vorgehen wie beim Händewaschen-Experiment: Am Ende jeder Mahlzeit sammeln wir das nicht-getrunkene Wasser in einem Messbecher. Dann vergleichen wir, in welcher Essensgruppe wie viel Wasser übrig ist und weggeschüttet wird. Das macht die Kinder – wie beim Händewaschen – sensibel.
Diese Frage würden wir, wenn es so weit ist, die Kinder im Kinderparlament fragen. Durch Corona haben sie gelernt, dass man das übrige Wasser nicht zum Matschen nutzen kann, weil es schonmal am Mund von einem anderen Kind war. Vielleicht werden sie vorschlagen, unser Beet vor dem Haus damit zu gießen.
Die meisten Ideen entstehen durch Beobachtungen. Im Spiel sehen wir, was die Kinder gerade beschäftigt und interessiert. Aber auch bei Fortbildungen sammeln wir neue Ideen, etwa beim Haus der kleinen Forscher oder bei Hospitationen in anderen Fröbel-Einrichtungen. Oder wir bekommen Impulse von Fachzeitschriften und Blogs. Es gibt viele Orte für Inspirationen.
Tanja Wenzel wusste seit ihrem Schülerpraktikum in der 9. Klasse, dass sie Erzieherin werden will. Mittlerweile arbeitet sie seit 25 Jahren in der Kita und bringt gemeinsam mit dem Team des Fröbel-Kindergartens Wolke 7 in Köln verschiedene Projekte zur Nachhaltigkeit voran.
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