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Als wäre ich nicht schon beschäftigt genug, sage ich mir manchmal selbst. Und stelle mich doch wieder neuen Aufgaben und auch außerhalb der Kita. Warum ich das tue? Davon werde ich hier berichten.
Ich leite eine Kindertageseinrichtung in Herrenberg und liebe meinen Beruf. Ich sehe meine Leitungsrolle aber nicht auf die Aufgaben innerhalb der Einrichtung beschränkt. Ich bin überzeugt, dass ich meine Rolle als Führungskraft nur deshalb erfolgreich gestalten kann, weil ich mich auch außerhalb der Einrichtung engagiere. Ich bekomme neue Impulse, die ich mit in die Kita nehme. Ich werde zum Nachdenken über meine Arbeit angeregt. Und ich stehe für die Arbeit, die mein Team und ich täglich leisten, öffentlich ein.
Basis für eine erfolgreiche Tätigkeit als Führungskraft sind die berufliche Ausbildung, die Aneignung von theoretischem Wissens, Erfahrungswissen und die Fähigkeit und Bereitschaft zur Reflexion. Es gibt verschiedene Wege und Methoden, um die eigene Persönlichkeit zu reflektieren und aktiv zu entwickeln. Entscheidend ist die Haltung, die ich einnehme. Reflexion gelingt nur, wenn ich motiviert bin, meine eigene Entwicklung bewusst in den Blick zu nehmen, und ich um die Bedeutung meiner eigenen Biografie weiß. Deshalb ist es klug, sich immer wieder die folgenden Fragen zu stellen: Bin ich offen, interessiert und bereit zu lernen? Bin ich neugierig und habe ich den Mut, Dinge zu tun, die mich aus meiner Komfortzone bringen? Suche ich mir Möglichkeiten, über meinen den eigenen Tellerrand zu schauen? Bin ich mir bewusst, dass ich mein ganzes Leben lerne?
Auf dieser Grundlage habe ich in den letzten Jahren begonnen, mich in verschiedenen Organisationen in der Stadt ehrenamtlich zu engagieren und zu vernetzten. Ich bin Mitglied im Gewerbeverein Herrenberg, und ich arbeite in der Lebenshilfe Herrenberg und im evangelischen Jugendwerk mit.
Dieses Engagement macht mir Spaß. Es stärkt mich und es vergrößert meine Möglichkeiten, etwas zu bewirken. Ich treffe auf Menschen, die sich für unsere Arbeit in der Kita interessieren und uns unterstützen. Ich kann für unsere Arbeit einstehen, die in der Öffentlichkeit oft nur unvollständig wahrgenommen wird. Und ich knüpfe Kontakte, die uns im Alltag helfen.
Es sind häufig sehr beglückende Erfahrungen, die ich machen darf. Ich kann selbstbewusst und viel Freude für die Belange unsere Arbeit in den Kindertageseinrichtungen, eintreten. Diese positiven Erfahrungen sind ein wichtiger, wenn nicht ein entscheidender Schlüsselfaktor für ein erfolgreiches Netzwerken im Berufsleben. Ich will dies an drei Beispielen zeigen:
Mitwirkung bei einem zentralen Informationsabend für Eltern in der Stadt, deren Kinder eine Kita besuchen.
Mitgestaltung einer Informationsveranstaltung für Schüler und Schülerinnen, die im verpflichtenden Sozialpraktikum in eine Kita gehen.
Aktive Mitarbeit im Gewerbeverein der Stadt, um das Stadtleben für Kinder und Eltern mitzugestalten.
Wie sieht Bildung in der Kindertageseinrichtung aus? Diese Frage treibt viele Eltern um. Deshalb laden die Ein richtungsleitungen aller städtischen Kitas und die Abteilung Fachdienst Kindertageseinrichtungen auf Anregung aus der Elternschaft zu einem gemeinsamen Kitaübergreifenden Informationsabend ein. Ziel ist es, die Umsetzung des Orientierungsplanes zu erläutern und einen Einblick in das Handlungskonzept Infans zu geben. Die Basis dieses Abends sind Vorträge, Präsentationen und Thementische. Durch Gespräche und Begegnungen werde diese mit Leben erfüllt
Hier aktiv mitzuwirken ist mir sehr wichtig. Für mich ist der Abend eine Gelegenheit, für die professionelle Bildungs und Erziehungsarbeit unserer Kitas einzustehen. Ich kann in die Stadt hineinwirken, weil bei dieser Veranstaltung die Eltern aller Herrenberger Kinder anwesend sind. Es ist ein spannender und anregender Abend. Meine Leitungskolleginnen und ich setzen uns mit Fragen und Gedanken auseinander, um Eltern die Möglichkeit zu geben, das Handlungskonzept Infans kennen und verstehen zu lernen. „Toll, dass ich an diesem Abend tiefer in das Thema einsteigen kann“, sagte eine Mutter. Und ein Vater, dessen Kinder ein Kinderhaus besuchen, meinte: „Das war für uns ein sehr wertvoller Elternabend, dies könnte man gerne jedes Jahr einmal stattfinden lassen!
Diese Fragen und Rückmeldungen sind wichtig. Sie regen uns an, neue Perspektiven einzunehmen und unsere Arbeit weiter zu entwickeln.
Die Schulen wollen ihre Schülerinnen und Schüler zum sozialen Handeln anregen. Die Jugendlichen sollen raus aus der Schule und Einblick in neue Lebensbereiche gewinnen. Dies betrifft sowohl Realschulen als auch Gymnasien. Im fünftägigen Sozialpraktikum haben sie zum Beispiel die Möglichkeit, den Alltag und die Arbeit in einer Kita kennenzulernen. Sie können erleben, was es heißt, Kinder auf ihren Wegen zu begleiten. Ich engagiere mich gerne, indem ich sie an der Schule besuche und dazu beitrage, sie auf das Praktikum vorzubereiten.
Die Schülerinnen und Schüler machen sich in ihrem Sozialpraktikum vertraut mit:
Alltagssituationen mit Kindern,
Spiel und Erlebnismomenten,
dem Forscher und Entdeckungsdrang von Kindern,
Aufgaben und Handlungskonzepten der Fachkräfte,
Bildungsbereichender Kinder.
Die Schülerinnen und Schüler werden von ihren Lehrkräften auf diese Unterrichtsstunde vorbereitet. Folgend besuche ich die nächste Unterrichtseinheit, in der grundlegende Fragen und Leitlinien für die pädagogische Arbeit beantwortet werden. Für mich ist das die Möglichkeit, ihnen einen lebendigen und vor allem authentischen Eindruck von unserer Arbeit in der Kita zu vermitteln.
Ich beginne nach einer Vorstellungsrunde mit der Frage: „An was können Sie sich noch aus Ihrer Zeit in der Kita erinnern?“ Somit wird es mir ermöglicht, eine Basis für einen weiteren Dialog herzustellen. Zunächst stelle ich in einem kurzen, übersichtlichen Ablauf unser Handlungskonzept Infans vor und gehe anschließend konkret auf die einzelnen Bildungsbereiche ein. Dann spreche ich über einen Tagesablauf in meiner Kita.
So manch einer ist überrascht. Ein 15Jähriger, nennen wir ihn Paul, war erstaunt, als er hörte, dass Erzieherinnen und Erzieher auch am Nachmittag arbeiten. „Und ich dachte“, gestand er ein, „spätestens um 14 Uhr ist Schluss.“ Selin, 14 Jahre, wusste zwar, dass Kitas auch bis in den Abend hinein geöffnet haben. „Aber“, räumt sie ein, „ich dachte eigentlich schon, dass Erzieherinnen vor allem mit den Kindern spielen.“ Für mich ist das Engagement deshalb auch eine gute Möglichkeit, falsche Vorstellungen zu korrigieren und die Professionalität unserer Arbeit zu zeigen. Aber natürlich auch, ein Beispiel dafür zu sein, dass mich diese Aufgabe auch nach dreißig Jahren noch erfüllt und glücklich macht.
In der Praktikumsphase leisten die Schülerinnen und Schüler insgesamt fünf Tage ihren Dienst in der ausgewählten Praktikumsstelle. Über eine sinnstiftende Arbeitszeit verständigen sie sich mit den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in den jeweiligen Praktikumssituationen. Die Wochenstundenzahl liegt hierbei im Rahmen von fünfundzwanzig bis dreißig Stunden. Mit dem Ziel, die sozialen Kompetenzen zu stärken und Empathiefähigkeit, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit zu fördern ist hier ein erster Einblick für die spätere Berufswahl möglich. „Ich könnte mir gut vorstellen als Erzieherin zu arbeiten“, stellt Jule nach ihrem Praktikum fest. „Es hat Spaß gemacht, auch wenn ganz schön viel erwartet wird.“
Vielleicht haben Sie kurz gestutzt. Mitglied im Gewerbeverein? Als Leiterin einer Kita? Ja, auch mir ist an einer offenen und wirtschaftlich starken Stadt gelegen. Als Mitglied im Gewerbeverein erlebe und begleite ich ein aktives Netzwerk, das den Standort Herrenberg stärkt. Ich kann dieses Netzwerk nutzen und Veranstaltungen organisieren, die ausschließlich für die Kinder unserer Stadt durchgeführt werden. Im Einzelnen sind dies:
Die Unterstützung, die ich als Mitglied im Gewerbeverein bekomme, ist vielseitig. Lokale Handwerker engagieren sich, in dem Sie zum Beispiel einen Pavillon im Gartenbereich für unsere Kinder bauten.
Der Martinsritt wird durch den Gewerbeverein Herrenberg finanziert und bringt alle Familien der Stadt und aus dem Umland zu einem großen Umzug mit richtigem Pferd zusammen. Bis zu 1500 Besucher treffen hier zusammen und erleben einen Abend mit bunten Laternen, beleuchteten Altstadthäusern und einem Martinsschauspiel als Abschluss auf dem Marktplatz!
Beim Kulturfestival Sommerfarben treffen die Kinder auf echte Künstler, die zu unterschiedlichen Stücken aus Bilderbüchern und Märchen auftreten. Die Kinder sind begeistert: „Kommt der Grüffolo wieder?“ oder „Der Sams war klasse. So möchte ich auch sein!“ höre ich jedes Jahr aufs Neue!
On top habe ich die Möglichkeit, Eltern zu unterstützen, die sich eine solche Veranstaltung nicht unmittelbar leisten können. Der Gewerbeverein unterstützte vor vielen Jahren mein Anliegen dahingehend, dass ich Freikarten verteilen kann! Das Kulturfestival Sommerfarben ist aus dem Kulturleben unserer Stadt nicht mehr wegzudenken!
Familien, die in unserer Stadt leben oder sie besuchen, sollen Spaß und Offenheit erleben, anderen Menschen begegnen und neue, auch kulturelle Erfahrungen machen. Wir erleben eine großartige Resonanz und erleben Kinder, die staunen und mitmachen wollen.
Mein Engagement findet sich in diesem Gedankengang wieder: Man kann nicht zu etwas motivieren, wozu man nicht schon von sich aus motiviert ist. Dies überträgt sich auf die Menschen in meinem Umfeld und auf das Team in der Kita. Es regt an, selbst aktiv zu werden, Erfahrungen und Anregungen mitzunehmen, die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen aufzunehmen und mit zu gestalten! Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich die über Jahre gewachsene Arbeit kennenlernen konnte, die so viele Menschen aus unterschiedlichen Alters und Berufsgruppen anspricht und das Gemeindeleben bereichert!
Es geht mir darum, die Leidenschaft und die Begeisterung für unseren Beruf zu leben und zu zeigen. Ich freue mich, wenn ich andere anstecken kann. Und ich lasse mich selbst vom Engagement der Partner in der Stadt beflügeln: dem Bäcker, bei dem unsere Kita backen darf, die Kirchengemeinde, die uns in ihre neue eingeweihte Kirche einlädt, der Stadtführer, der uns das Verließ auf dem Schlossberg zeigt!
So öffnet sich die Kita und ist Teil einer lebendigen Stadt, einer „Mitmachstadt“ wie sich Herrenberg zu Recht selber bezeichnet.
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