Contra – Selbstbestimmtes Spiel statt Stundenplan!
Vorbereitete Angebote in Kitas sind vergleichbar mit einer Rolltreppe. Sie ist komfortabel, erspart den mühsamen Aufstieg und wird gerne genutzt. Nutzt man sie ständig, stellt sich Gewohnheit ein, Eigenmotivation sinkt und Automatisierung wird zum Standard.
Eben dieser Zustand stellt sich bei Kindern ein, die sich an gewisse Animation gewöhnen und den Weg als Ziel nicht schätzen lernen. An das Kind wird vorgekautes Wissen herangetragen und ihm in einer arrangierten Versuchsanordnung oder Laborsituation zur Verfügung gestellt. Angebote wie diese, die formativ und genau terminiert sind, negieren die intrinsische Motivation des Kindes. Lernen findet aber dort statt, wo sich Kinder ihrer selbstgewählten Tätigkeit hingeben, in ihr Tun versenken und emotional involviert sind. Wenn man Kinder lässt, schaffen sie sich und anderen selbst Angebote. Diese folgen keinem oktroyierten Curriculum, sondern ihrer genuinen Spielfreude und kindlichen Kreativität. Bei vorbereiteten Angeboten fehlt der Eigenanteil des Kindes an seinem Bildungsprozess.
Hier ist kritisch zu hinterfragen, ob es sich dabei um die Anpassung kindlicher Tätigkeit an das Ersuchen der Erwachsenenwelt handelt. Problematisch ist, dass solche Angebote ein Lernziel ausgeben, auf gewissen Output setzen und Kinder zu Statisten degradieren. Im Zentrum stehen vielmehr ordnungsgemäße, wohl überlegte Prozessschritte und nicht das sich bildende Kind. Dieser Ansatz unterliegt unweigerlich der Willkür der Erwachsenen und begrenzt (aktiv) die Autonomie der Kinder.
Das Bildungsverständnis wird romantisch verklärt und der inhärenten Unfreiwilligkeit solcher Angebote ein lernzuträglicher Nutzen angedichtet. Janusz Korczak formulierte „Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag“, nach dem das Kind frei ist, seinen Tag beliebig zu gestalten und nicht durch Erwachsene bestimmen zu lassen. Selbstbestimmtes Spiel muss Ultima Ratio bei der Alltagsgestaltung sein, anstelle von didaktisch- methodischen Aktivitäten nach Stundenplan.
Florian Esser-Greassidou ist Autor und Qualitätsleitung bei den Villa-Luna-Kindertagesstätten.
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