In der Praxis stellen Sie als Leitung sich Herausforderungen unterschiedlichster Art, da Sie in verschiedenen Strukturen zusammenarbeiten. Dazu gehören unter anderem das Führen und Anleiten Ihrer Mitarbeitenden, die Kooperation mit Eltern und die pädagogische Arbeit mit Kindern. Auf allen Ebenen gilt es, berufliche Fragen zu beantworten und Lösungen zu entwickeln, wenn Sie oder das Kitateam einmal nicht weiterwissen. Die kollegiale Beratung bietet dafür eine schnelle und professionelle Möglichkeit.
Die eigenen Kolleginnen und Kollegen fungieren als Berater und helfen dabei, zu neuen Denkansätzen und Strategien zu kommen. Dabei ist es egal, ob sich Fragestellungen aus dem pädagogischen Kontext oder der Teamarbeit ergeben. Manchmal benötigt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auch Hilfestellung für die eigene Berufsrolle. Während einer kollegialen Beratung reflektieren pädagogische Fachkräfte ihre Arbeit und gelangen so zu neuen Schlüsselkompetenzen. Diese Beratungsform stellt also ein wichtiges Qualitätsmerkmal Ihrer Einrichtung dar. Während einer kollegialen Beratung werden dem Psychologen Kim-Oliver Tietze zufolge verschiedene Phasen durchlaufen:
Das Casting
Zunächst sind die Rollen zu besetzen. Insgesamt nehmen sechs bis neun Fachkräfte an der Beratung teil. Diese werden folgendermaßen gegliedert: Der Fallerzähler: Ein Teilnehmer bringt eine Fragestellung aus der beruflichen Praxis mit und lässt sich von seinen Kollegen beraten. Der Moderator: Diese Rolle führt durch die kollegiale Beratung und strukturiert diese. Der Moderator behält den zeitlichen Rahmen im Blick, eröffnet und schließt die verschiedenen Phasen des Gesprächs und unterstützt den Fallgeber mit der Klärung offener Fragen. Außerdem achtet er darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Die Berater: Vier bis sechs Berater hören sich den Fall aufmerksam an und geben in der Beratungsphase je nach ausgewählter Methode Impulse, Ideen und Lösungsvorschläge. Weitere Rollen: Abhängig von Bedarf und Anzahl der Teilnehmenden können noch ein Sekretär und ein Beobachter gewählt werden. Der Sekretär dokumentiert den Beratungsprozess, während der Beobachter nicht aktiv an der Beratung teilnimmt und am Ende den anderen Teilnehmern eine Rückmeldung gibt. Wenn alle Rollen besetzt sind, eröffnet der Moderator die nächste Phase.
Die Spontanerzählung
Der Fallerzähler darf für zirka zehn Minuten berichten, welches Problem ihn beschäftigt. Er informiert darüber so detailliert, dass die übrigen Teilnehmenden ihn verstehen. Bei päda- gogischen Fragestellungen zu einem Kind beispielsweise berichtet er umfassend vom Kind, seinem Verhalten oder Entwicklungsbeobachtungen. Die Berater brauchen einen weitgehenden Überblick über den Fall.
Der Moderator darf während der Fallerzählung Verständnisfragen stellen, während sich die Berater zurückhalten und nur zuhören. Erst am Ende überlässt der Moderator den Beratern zwei bis drei Verständnisfragen, die sie nun stellen dürfen. Wenn alle Teilnehmer den Fall verstanden haben, schließt der Moderator diese Phase ab.
Die Schlüsselfrage
Hierbei wird das Ziel der kollegialen Beratung ermittelt. Welche konkrete Fragestellung soll dem Fallerzähler beantwortet werden, damit dieser gestärkt aus der Beratung gehen kann? Der Fallerzähler formuliert die Schlüsselfrage selbst, der Moderator unterstützt ihn dabei. Alle Teilnehmenden müssen die konkrete Fragestellung verstehen, bevor sie beraten können. Es hilft, wenn der Sekretär die Schlüsselfrage auf ein Flipchart schreibt, damit während der Beratung der Fokus nicht verloren geht. Dem Fallerzähler fällt es schwer, eine konkrete Schlüsselfrage zu formulieren? Dann springen dafür die Berater schon vor der eigentlichen Beratungsphase ein. Der Fallerzähler entscheidet sich letztlich für eine passende Schlüsselfrage. Anschließend führt der Moderator in die nächste Phase.