Erzählst du mir davon?
Auch wenn der Dialog essenziell für eine gelingende Sprachforderung ist, muss man beide Gebiete unterscheiden. Ich führe die Dialoge mit den Kindern nicht aus der Förderperspektive, sondern aus dem eignen Interesse an den Kindern und deren Lebenswelt.
Doch wie finde ich am besten mit den Kindern ins Gespräch? Durch Fragen. Wenn ich nachfrage, motiviere ich das Kind, sich zu artikulieren. Das Kind will seine Gedanken so ausdrucken, dass ich sie verstehen und nachvollziehen kann. Dazu muss es zuerst lernen, seine Gedanken zu sortieren und zu ordnen. Ich erkenne, wenn Schwierigkeiten entstehen, und versuche, durch weitere Fragen das Thema etwas herunterzubrechen. Damit kann ich dem Kind helfen, seine Gedanken zu strukturieren, und lenke es leicht in Richtung einer Antwort. Ich kann dafür einfach mit dem Fragenstellen anfangen: „Wie findest du das? Magst du das?“, „Wie hast du das gemacht? Erzählst du mir davon?“ oder „Kannst du erzählen, warum du das so gemacht hast?“
Wenn ich dem Kind am Sandkasten also antworte: „Ui, der sieht ja lecker aus! Was ist das denn für ein Kuchen? Schokolade? Da haben wir aber Glück gehabt, mein Lieblingskuchen ist nämlich Schokoladenkuchen! Was ist denn dein Lieblingskuchen?“, ist zu erkennen, dass ich das Kind direkt wahr- und ernst genommen habe. Solche Aufmerksamkeiten starken das Selbstwertgefühl des Kindes. Zeitgleich habe ich ihm auch meinen eigenen Standpunkt dargelegt – meinen Lieblingskuchen. Durch die Frage „Welchen Kuchen isst du denn am liebsten?“ habe ich dem Kind direkt eine weitere Anregung gegeben, worüber es nachdenken kann. Was mag das Kind lieber? Schokoladen-, Marmor- oder viel leicht Erdbeerkuchen? Auch wenn der Dialog-Impuls aus einem Sandkuchen entstand, kann das Kind über seine Lebenswelt nachdenken, und ich lerne das Kind noch besser kennen.
Wenn ich dann nachfrage, ob das Kind zu Hause beim Backen hilft, bekomme ich einen Einblick in die familiäre Welt des Kindes. Es erzählt mir, was es schon erlebt hat und was es schon kann. Wenn es mir erzählt, dass es oft hilft, kann ich mir mit meinem Team überlegen, ob ein hauswirtschaftliches Angebot für die Gruppe sinnvoll ist. So nehme ich das Kind wahr und setze die Impulse um. Dadurch bekommt das Kind eine Möglichkeit, mitzubestimmen, und wird selbstwirksam, woraus dann das Selbstbewusstsein wachsen kann.
Vielleicht kann die Antwort auch lauten: „Nein, ich hab das noch nie in echt gemacht.“ Dann bin ich als Dialogpartnerin an der Reihe. Das Kind kennt vielleicht die Zutaten noch nicht, die ein Kuchen braucht, oder kennt die Ablaufe beim Backen nicht. Ich frage das Kind: „Sollen wir zusammen mal überlegen, was man für einen Kuchen alles braucht?“ Wir versuchen gemeinsam einen Erkenntnisgewinn aus dem Dialog zu ziehen. Wenn wir nicht weiterwissen, können wir jederzeit ein Backbuch nehmen und nachlesen, andere Kinder fragen oder ein Projekt daraus machen. Ich gebe dem Kind keine Antworten vor, sondern gehe auf Augenhohe und wir überlegen gemeinsam, welche Antworten es gibt. Wenn das Kind über solche Fragen nachdenkt, kann es die Gedanken selbst in das eigene Weltbild integrieren. Das fällt den Kindern meist leichter, als eine vorgefertigte Antwort einer Fachkraft einzuordnen. Durch diese Form des Dialoges lernen die Kinder ihre Gedanken kennen, sie zu strukturieren und auch zu artikulieren. Denn ohne die Gedanken auszudrucken, kann kein Dialog stattfinden.
Kuchen mit Senf
Zudem ist es notwendig, die Antworten der Kinder anzunehmen, wie sie sind. Ich frage nach, bin wertschätzend, aber korrigiere sie nicht. Wenn ein Kind sagt: „In den Kuchen muss unbedingt noch Senf “, dann frage ich nach: „Bist du dir sicher, dass Senf noch in den Kuchen muss? Hast du das mal gesehen, dass jemand Senf in den Kuchen gemacht hat? Warum denkst du das denn?“ Ich stelle mich und mein Wissen nicht über die Kinder, sondern begegne ihnen als gleichwertiger Gesprächspartner. Diese offene, nicht voreingenommene Haltung hat auch Auswirkungen auf meinen pädagogischen Alltag neben den Kindern. Ich erlebe mich selbst als aktive und interessierte Zuhörerin, was sich auf das Gesprächsklima auswirkt. In Dialogen mit Eltern und Mitarbeitenden hat mir diese Haltung auch schon weitergeholfen. Es hat mir die Sorge vor Elterngesprächen genommen und ich kann entspannter in den Austausch gehen. Auch in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen bin ich gelassener geworden. Mich hat diese Form des Dialoges in allen Bereichen motiviert und bestärkt.
Dialoge brauchen Zeit
Dennoch gibt es Situationen, in denen der Dialog in den Hintergrund ruckt. Für einige Fachkräfte mag das Thema Dialog mühselig sein. Ein unterbesetztes Team, eine laute Kita- Gruppe oder unorganisierte Strukturen erhöhen den Stresspegel der Fachkräfte. Da ist es verständlich, dass sie den Tag einfach hinter sich bringen wollen. Diese Punkte müssen Fachkräfte und Leitung erst einmal erkennen. Denn nur wer Zeit und Motivation hat, kann Dialoge fuhren und damit Einblicke in die Erlebniswelt der Kinder bekommen und die Bindung stärken.
Auch für mich war es schon schwer. Ich habe gemerkt, dass ich weniger mit Kindern im Dialog bin, seitdem ich unser Kinderhaus leite. Bedingt durch Freistellung, viele Termine und unvorhergesehene Ereignisse ist es manchmal schwer, sich die Zeit für das Gespräch im Alltag zu nehmen. Seitdem ich das erkannt habe, fallt es mir leichter, damit umzugehen. Ich kann es den Kindern und den Kolleginnen auch klar mitteilen: „Es tut mir leid, gerade habe ich ganz viel zu tun. Wir können uns gern unterhalten, wenn ich fertig bin. Ich komme dann direkt zu dir.“ Sobald ich Zeit habe, suche ich das Gespräch mit ihnen. Manchmal muss auch ich mir aktiv die Zeit dafür nehmen. Es kann helfen, sich Zeiten in den Kalender zu schreiben, die man aktiv dafür nutzt. Zudem vertrete ich den Standpunkt, dass Kinder ihre Gedanken zu allem äußern sollen, was sie betrifft, auch als Form der Teilhabe und um für sich und die eigenen Bedürfnisse einzustehen. In manchen Situationen ist es jedoch nicht passend, und ich blocke einen Dialog ab. Bei einem Ausflug kann ich nicht darüber diskutieren, ob wir noch eine halbe Stunde langer bleiben, wenn der Bus wartet. In dieser Situation spreche ich zu den Kindern und erkläre ihnen, was wichtig ist. Ich mache klar, dass jetzt kein Platz für Dialog ist. Im Nachgang kann ich mit den Kindern dann das Gespräch suchen, warum sie bei dem Ausflug noch langer bleiben wollten. So nehme ich die Kinder und ihre Belange ernst und greife sie dann wieder auf, wenn ich Zeit und Platz für einen Dialog habe. Und vielleicht können wir den nächsten Ausflug dann auch flexibler planen.
Einfach loslegen Für mich ist es also besonders wichtig, passende Strukturen zu schaffen, damit Fachkräfte auch in einem stressigen Alltag gut und einfach mit den Kindern in den Dialog finden können. Außerdem rate ich jeder Fachkraft, einfach mit dem Sprechen anzufangen. Für Kinder ist es egal, ob man im Dialog geübt ist oder nicht. Kinder freuen sich, wenn sie diese Form der Aufmerksamkeit bekommen und die pädagogischen Fachkräfte sich Zeit für sie nehmen. Schafft die Rahmenbedingungen, räumt euch den Freiraum dafür ein, nehmt euch einfach die Zeit, und lasst euch auf die Kinder und ihre Lebenswelt ein. Die Kinder und ihre Ideen sind die beste Inspiration dafür!
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