- Shop
- Ökotopia
- Akademie
- Klett Kita Welt
- Jobbörse
- Schnäppchenecke
Gehen Sie einmal durch die Räume Ihrer Kita, Krippe oder Krabbelstube. Sicher finden Sie an jedem Ort, egal ob in Gruppenräumen, Bädern, Wickelräumen oder Büro- und Personalräumen, Küchen sowie Hauswirtschafträumen, Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände, die zum Teil oder ganz aus Plastik bestehen. Auch wenn es vielleicht nicht zu 100 Prozent umzusetzen ist, auf Plastik komplett zu verzichten, ist eine Auseinandersetzung mit diesem Thema sicher elementar bei der Überlegung, Kindern eine nachhaltige (Lern-)Umgebung und Zukunft zu gestalten.
Der Weg zur „plastikfreien Kita und Krippe“ muss von jeder Einrichtung selbstständig erarbeitet und gegangen werden:
In Gesprächen mit Fachkräften höre ich oft: „Ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll.“ Egal, wo Sie starten, machen Sie sich auf den Weg, immer Schritt für Schritt. Der (erste oder der) nächste Schritt ergibt sich oft erst im Tun.
Ein erster Schritt in diesem Zusammenhang kann zunächst eine Bestandaufnahme des Ist-Zustandes in Ihrer Kita sein.
Der zweite Schritt wäre dann, mehr über das Material Plastik zu erfahren und nach kreativen Alternativen und Handlungsoptionen zu suchen. Auf diesem Weg werden Sie auch immer die eigene Haltung zum Thema Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) überprüfen:
Spannende Fragen, die von den einzelnen Fachkräften unterschiedlich beantwortet und priorisiert werden können. Der Austausch, die gemeinsame Suche nach Lösungsansätzen und das Formulieren von verbindlichen Zielen sind weitere wichtige Schritte auf dem Weg zur plastikfreien Kita und Krippe.
Allein sind Sie stark – gemeinsam unschlagbar!
Um etwas in Richtung plastikfreie Kita und Krippe zu verändern, ist es sinnvoll, auch Ihren Einrichtungsträger mit ins Boot zu holen. Ihr Einrichtungsträger kann Sie maßgeblich bei der Umsetzung unterstützen, zum Beispiel bei der Bereitstellung von Budget für Fortbildungen und Anschaffung von Material, auf der Suche nach Kooperationspartnern, bei Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung, beim gemeinsam gesteuerten (alle Einrichtungen eines Trägers) Materialeinkauf, usw.
Formulieren Sie gemeinsame messbare und terminierte Ziele, die überprüft werden können, und dokumentieren Sie Ihre Fortschritte. Auch die Eltern müssen in den Prozess des Umdenkens und bei der Umsetzung mit eingebunden werden. Dabei soll es nicht um die Mahnung mit dem erhobenen Zeigefinger gehen, sondern eher um die gemeinsame Suche nach Informationen, Austausch und das Entwickeln von Lösungsansätzen und Strategien bei der Vermeidung von Plastik.
Natürlich sind auch die Eltern der Kinder mit im Boot:
Auf diesem Weg werden Sie feststellen, dass Sie Abwägungen und Entscheidungen treffen müssen, denn oft gibt es nicht die perfekte Lösung, sondern Kompromisse, die gefunden werden müssen. Es gibt, wie so oft, kein wirkliches Richtig oder Falsch. Jedes Umdenken und schon wenige Alternativen zu Plastik sind unterstützend für die Gesundheit der Kinder, zur Entwicklung einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Bildung der Kinder und natürlich für den Klimaschutz. Falsch wäre es sicher, nichts zu tun, also fangen Sie einfach an.
Viele pädagogische Fachkräfte interessieren sich persönlich sehr für das Thema Nachhaltigkeit und setzen es oft mit dem Vermeiden von Plastik in ihrem privaten Alltag um. Dieses persönliche Engagement können sie auch in ihre tägliche Praxis übertragen. Mit der Unterzeichnung der Agenda 21 hat sich Deutschland dazu verpflichtet, das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in allen Bildungs- und Erziehungsplänen der Bundesländer zu verankern. Mit der Agenda 2030 verpflichten sich Deutschland und damit Träger von Bildungseinrichtungen, weiterhin BNE in ihre Konzepte aufzunehmen und umzusetzen. Der Weg zur „plastikfreien Kita“ kann eine mögliche Strategie sein, dies in Ihrer Kita, Krippe oder Krabbelstube zu etablieren.
Mikroplastik ist in aller Munde, auch im wahrsten Sinne, denn wir nehmen nachweislich Mikroplastik über unsere Nahrung, oralen Kontakt, Einatmen und Hautkontakt in unserem Körper auf. Laut der Prognose der Ellen-MacArthur Foundation (2016) werden 2050 weniger Fische als Plastik im Ozean vorkommen. Die Verschmutzung der Ackerböden mit Plastik wird 32-mal höher eingeschätzt. Augen auf beim Einkauf: Schadstoffe in Plastik, z.B. Weichmacher (z. B. PVC, Vinyl), stellen ein großes Gesundheitsrisiko, besonders für Kinder, dar. Kitas weisen in ihren Räumen) eine dreimal höhere Konzentration an Weichmachern auf als in normalen Haushalten (2011). Fast überall in Spielzeugen, Kleidung (z. B. Aufdrucke auf T-Shirts, Fleecejacken), Gummiprodukten (z. B. Gummistiefel, Moosgummi), Plastikgeschirr (z. B. Melamingeschirr), Lebensmittelverpackungen, Kosmetika (z. B. Feuchttücher, Sonnencreme), Reinigungsmittel u.v.m. befinden sich Mikroplastik und Weichmachern. Bei fast allen Gegenständen lösen sich durch Hitze, Gebrauch und Waschen Mikroplastik und Chemikalien, die in den Körper aufgenommen werden oder ins Grundwasser gelangen. Unter www.bund.net/giftfrage können Sie erfahren, wie kritisch und gesundheitsschädlich z. B. Kosmetikund/ oder Spielzeugartikel sind (vgl. Miklitz 2020, 12ff.).
Gerade in der Krippe und Krabbelstube fallen in der Pflege besonders viele Einmalprodukte aus Plastik an. In Kindertageseinrichtungen muss besonders auf die Einhaltung der Hygienevorschriften geachtet werden. Welche Alternativen gibt es, die genauso hygienisch unbedenklich sind? Hier einige Ideen für ein umweltfreundliches Bad:
Viel schlimmer als Plastik zu benutzen, ist es, noch gebrauchsfähiges Plastik wegzuwerfen (es sei denn, es sondert Mikroplastik und Chemikalien ab). Bei Toilettenbürsten sollten Sie darauf achten, dass gegebenenfalls nur die Bürstenköpfe und nicht die gesamte Bürste entsorgt wird. Alternativen können Holzgriffe und Naturborsten sein. Für einen längeren Gebrauch können Toilettenbürsten zum Beispiel durch eine Nacht in Essigessenz oder Desinfektionsmittel einweichen länger verwendet werden. Plastiktüten für nasse Wechselwäsche können durch „Wet Bags“ (Windeltaschen) ersetzt werden. Diese können die Kinder zum Eintritt in die Krippe oder Kita geschenkt bekommen oder von den Eltern mitgebracht werden.
Wenn Sie einmal durch Ihre Kita gehen, finden Sie sicher in allen Bereichen gute Alternativen für Plastik. Es geht nicht darum, jetzt mit großem Aktionismus alles zu entsorgen – es ist ja schon da. Aber es kann bewusst nach und nach und in Zusammenarbeit mit Träger und Eltern ersetzt werden. Die Kosten für diese Produkte erscheinen zunächst hoch, durch den sparsamen Verbrauch sind sie es oft nicht. Durch einen gemeinsamen Materialeinkauf mit mehreren Einrichtungen eines Trägers oder Kooperationseinrichtungen kann wesentlich sparsamer eingekauft werden.
In der Krippe oder Krabbelstube sind Projekte zum Thema Nachhaltigkeit noch wenig sinnvoll. Nachhaltige Pädagogik kann nur im Leben von Nachhaltigkeit im Alltag und durch das Erleben einer „Bio-Routine“ durch die Erwachsenen funktionieren.
In der Krippe liegt der Schwerpunkt daher eher auf der gemeinsamen und konzeptionellen Ausrichtung und Vorbildfunktion der Fachkräfte. Möchte ein Team in eine nachhaltige Richtung gehen, schafft es Rahmenbedingungen und eine Umgebungsgestaltung, durch die Kinder die Bedeutung von Nachhaltigkeit einfach im Alltag durch das Vorbild der Erzieher:innen erfahren (Bresnik 2021). Bei der plastikfreien Kita kommt noch der Schutz der Kinder vor gesundheitlichen Schäden dazu.
Vielen Erwachsenen sind die gesundheitlichen Folgen durch (Mikro-)Plastik für sie und die Kinder nicht bewusst. Daher ist die Auseinandersetzung mit dem Thema eine Aufgabe, die gemeinsam mit Träger, Eltern und Fachkräften erfolgen sollte. Krippenkinder können in den Prozess zur „plastikfreien Kita“ dennoch miteinbezogen werden:
Nehmen Sie unbedingt die Eltern mit auf diesen Weg: Tauschbörsen für Kinderkleidung und Spielzeug, Austausch über gute Alternativen für z. B. Matschhosen, Workshop Reinigungsmittel oder/und Kosmetik selbst herstellen, Nähen von „Wet Bags“ und/oder Einkaufsbeuteln, Buchausstellungen zum Thema usw.
Sammeln Sie z. B. den Verpackungsmüll der Kinder vom Frühstück einer Woche und stellen die Müllsäcke gesammelt aus. Dies zeigt auf eine sehr eindrucksvolle Weise, dass sich unglaublich viel ansammelt, aber auch, dass jeder einen guten Beitrag für die Gesundheit seines Kindes und der Welt leisten kann. Und: Zusammen sind wir stark!
Peggy Sarnowsky-Bresnik, freiberufliche Referentin im Bereich Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit und Kitamanagement, Coach für Einzelpersonen und Teams. Kontakt: www.bresnik-consulting.de
Literatur
Miklitz, Ingrid: Auf dem Weg zur plastikfreien Kita. Herder 2020
Sarnowsky-Bresnik, Peggy: Bitte nicht gleich wegschmeißen! In: klein&groß 06/2021, Klett Kita 2021
Spiegel Wissenschaft: Umweltschützer messen Schadstoff-Rekorde in Kitas, 2011 Link: www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/ schaedliche-weichmacher-umweltschuetzermessen- schadstoff-rekorde-in-kitas-a-752527. html (Stand 05/22)
Zeit Online: In 35 Jahren mehr Plastik als Fische im Meer, 2016 Link: www.zeit.de/wissen/umwelt/2016-01/ plastik-umweltverschmutzung-meer-studieweltwirtschaftsforum (Stand 05/22)
Ihnen hat der Artikel „Plastikfrei in der Krippe – geht das?“ gefallen? Weitere Tipps, Wissenswertes und Ideen finden Sie in unserer Zeitschrift klein&groß. Hier bestellen!