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Franz freut sich jeden Morgen auf seine Kita und das Spiel mit den anderen Kindern. Der Dreijährige frühstückt sowohl zu Hause als auch gegen 9.30 Uhr in der Kita. Auch hier genießt er die Gesellschaft der anderen, ebenso beim Mittagessen. Franz isst am liebsten Nudeln, Kartoffeln, ab und an auch Gemüse und natürlich den Nachtisch, Joghurt und Obst, allerdings nur kleine Portionen, da das Mittagessen bereits um 12 Uhr stattfindet. Seine Eltern sind nicht begeistert davon, dass er sich die Essenskomponenten selbst wählen darf. Sie wünschen sich, dass Franz von allem reichlich isst, schließlich würden sie, so ihre Argumentation, für eine gute, ausgewogenen Ernährung bezahlen. Die pädagogischen Fachkräfte betonen jedoch, dass es für die Entwicklung der Kinder wichtig ist, gerade beim Essen selbstbestimmt agieren zu dürfen und die Komponenten und die Mengen selbst bestimmen zu dürfen.
Franz: Der Dreijährige frühstückt daheim und in der Kita. Beim Mittagessen nimmt er sich selbstständig das, was ihm schmeckt.
Franz’ Eltern: Ihnen ist die ausgewogene Ernährung ihres Sohnes wichtig. Vater und Mutter des Jungen wollen, dass er in der Kita von allem isst, da sie ja auch für alles bezahlen müssen.
Kita-Team: Die Fachkräfte der Einrichtung verstehen Partizipation als Leitlinie der Entwicklungsbegleitung. Hierzu zählen sie die Essenssituation ebenso wie die Spielsituationen. Ziel der Mitarbeiterinnen ist es dabei, den Kindern ein gesundes Körpergefühl erfahrbar zu machen.
Bereits zwei Stunden, nachdem Franz und seine Freunde in der Kita ihr zweites Frühstück eingenommen haben, gibt es schon Mittagessen: Schauen wir uns die Abläufe in der Kita genau an, dann liegt es nahe, dass Franz und vielleicht auch ein paar andere Kinder keinen großen Hunger haben, wenn es Mittagessengibt. Dies ist natürlich einerseits vom Appetit der Kinder abhängig, andererseits aber auch von dem, was gefrühstückt wurde. Franz beispielsweise isst zwei Scheiben Vollkornbrot mit Aufschnitt und dazu einen halben Apfel oder eine Banane. Seine Freunde haben oftmals nur ein wenig Obst oder ein kleines Brot dabei. Für die Fachkräfte stellt dies zunächst keine Schwierigkeit dar, bis sie von den Eltern aufgefordert werden Franz solle bitte alles essen, was beim Mittagessen angeboten werde. Das Argument der Eltern, dass sie schließlich dafür zahlen würden, bringt die Fachkräfte in eine schwierige Situation. Schließlich stehen hier die Ansprüche der Eltern den Bedürfnissen des Kindes gegenüber. Mittagessen in Kitas ist und bleibt ein heikles Thema. Das Essen wird oftmals warm angeliefert oder aber in Konvektomaten erhitzt. Selten wird in den Kitas von einer Hauswirtschafterin frisch gekocht. Ein guter Duft, der durch die Einrichtung zieht und ein baldiges, leckeres Mittagessen ankündigt, fehlt daher in den meisten Häusern. Dies und die häufige Ablehnung der Kinder von Gemüse stellt in Kitas eine besondere Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass der Mensch keine genetisch vorprogrammierte Lebensmittelauswahl hat, wie es bei Tieren der Fall ist. Nein, der Mensch muss erst einmal lernen, was er essen kann und was nicht. Hierin unterstützt ihn beispielsweise der Geruchssinn. Riecht etwas nicht angenehm, so wird es weniger gern gegessen. Hinzu kommt, dass der Geschmackstest, bei dem auch unsere Nase beteiligt ist, zunächst aussortiert. Süßes wird als energiereiche Überlebensnahrung gewertet und deshalb bevorzugt. Bitteres und Saures könnte verdorben oder giftig sein. Bitterstoffe sind nämlich besonders in giftigen Nahrungsquellen enthalten. Dies erzeugt eine evolutionsbedingte negative Haltung gegenüber allem, was nicht süß und somit energiereich ist. So ist es kein Wunder, dass Kinder Gemüse wie Brokkoli, 45 Spargel und Spinat häufig ablehnen. Diese Ablehnung ist eher eine Vorsichtsmaßnahme und wird leider viel zu oft als Trotz gedeutet. Hinzu kommt, dass Kinder insbesondere im Kindergartenalter ohnehin eher kritisch sind, was neue Lebensmittel angeht, und sie längt nicht mehr so probierfreudig sind wie noch im Säuglingsalter. Und auch dies hat seinen Ursprung in der Evolutionsgeschichte. Zunächst hat der Säugling seine sichere Nahrungsquelle in Form von Muttermilch. Sobald er krabbeln kann und die Welt allein erkundet, benötigt er einen Schutzmechanismus, um nicht an giftige Lebensmittel zu geraten. Auch wenn wir diesen Schutzmechanismus heute nicht mehr benötigen, da wir unsere Lebensmittel in Supermärkten kaufen, ist uns diese Sicherung erhalten geblieben. So treffen, vereinfacht gesagt, bei Franz zwei Dinge zusammen: Zum einen ist er vermutlich noch gar nicht richtig hungrig und zum anderen greift er zu den Lebensmitteln, die ihm vertraut sind.
Ein Kind, das das Mittagessen in der Kita nur bedingt essen will, Eltern, die darauf bestehen, dass ihr Kind von allem isst, und Fachkräfte, die jedem Kind die Chance geben wollen, Lebensmittel zu probieren, ohne Zwang und ohne Mengenvorgaben. Was nun? Für diese Situation ist es vermutlich am förderlichsten, wenn die Eltern von den Fachkräften zu einem erklärenden Gespräch eingeladen werden. Ein Gespräch, in dem die Haltungen der Fachkräfte und die Bedürfnisse von Franz deutlich gemacht werden. Ein Gespräch, das sich auch den Wünschen der Eltern widmet und versucht in Erfahrung zu bringen, welche Gründe noch dahinterstecken könnten, die die Eltern dazu veranlassen, Druck auf die Fachkräfte auszuüben. Isst Franz eventuell zu Hause auch kein Gemüse? Oder nur sehr wenig? Wollen die Eltern, dass er „wenigstens in der Kita“ das gesunde Grünzeug zu sich nimmt? In einer solchen Situation hilft es außerdem, offen über das Essen zu Hause und in der Kita zu sprechen. Vielleicht ist ja das Essen daheim um so vieles interessanter, da die Eltern frisch kochen und Franz daher gern auf das wartet, was er zu Hause bekommt. Vielleicht ist es aber auch einfach das Sättigungsgefühl vom zweiten Frühstück, das Franz davon abhält, beim Mittagessen beherzt zuzugreifen. Hier würde es schon reichen, dieses kleiner ausfallen zu lassen, sodass der Hunger auf das Mittagessen wiederkommt. Und vielleicht hilft es auch, den kleinen Franz selbst einmal zu fragen, warum er in der Kita das ein oder andere gar nicht probieren oder essen mag.
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