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Als der vierjährige David an einem Sommertag verstarb, weil sein Herz das Ringen um Atem nicht mehr aushielt, waren die Erzieherinnen fassungslos. Sie wussten, dass David Asthma hatte, aber gleich sterben? Sie hatten mit den Kindern noch nie über den Tod geredet. Einen Tag später war das Team wieder sprachfähig und sie setzten sich mit den Kindern zusammen und sprachen über David. Gemeinsam sangen sie dann die Lieder, die David mochte. Als Jule ein St. Martins- Lied vorschlug, sangen sie das auch. Vor Davids Bild brannte eine Kerze, davor standen Wiesenblumen, sie saßen im Kreis und erzählten sich. Die Kinder hatten mit David viel erlebt, was die Erzieherinnen gar nicht so mitbekommen hatten. Manche Geschichten schienen eher der Fantasie zu entspringen und andere wiederum machten aus David einen Helden – das dürfte auch sein. Die Erzieherin musste soundsovielmal die Geschichte von David und Goliath erzählen.
Das Reden über David löste bei den Kindern viele Fragen nach Tod und Sterben aus. Die Erzieherinnen schrieben diese Fragen auf und pappten sie an die Wand. Immer, wenn sich ein Kind auf eine Frage bezog, kam das Gespräch wieder auf David, seine Eltern, die um ihn weinten, und seine Freunde, die nicht mehr mit ihm spielen konnten.
Bei den Gesprächen spielten auch Bilderbücher eine große Rolle. Die Kita hatte einige Bücher, die über Abschied, Verlust und Trauer für Kinder verständlich erzählten. Das Angebot war so vielfältig wie die Anlässe, aus denen heraus sich Kinder mit dem Tod beschäftigen. Davids Tod war der Auslöser dafür, diese Bücher aus den Tiefen des Bücherregals hervorzuholen. Von da an sprachen sie in der Kita häufiger über den Tod. Einige der Bücher möchte ich Ihnen hier vorstellen. Sie sind Entwicklungsbegleiter, die das Thema in seiner ganzen Viefältigkeit aublättern. Sie gehören in den Alltag der Kita – aber nicht erst dann, wenn Kinder von Tod und Trauer selbst betroffen sind. Wenn es darum geht, das Leben zu verstehen, muss man auch über den Tod nachdenken. In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Trauerkulturen erfahren Kinder, wie wichtig es ist, trauernden Menschen mitfühlend und rücksichtsvoll zu begegnen. Unter Trauerkulturen verstehen wir verschiedene Rituale der Weltreligionen, wie die Trauerwache „Schiwa“ im Judentum, die rituelle Waschung im Islam oder die Aufbahrung im Christentum. In Deutschland gehören auch Trauerkarten und Traueranzeigen sowie schwarze Kleidung bei Beerdigungen zur Trauerkultur. Die hier folgenden Bücher orientieren sich an der Trauerkultur im deutschsprachigen Raum.
Um sich mit Trauer und Tod auseinanderzusetzen, müssen Kinder nicht erst einen Kindergartenfreund verlieren. Auch Haustiere können sterben oder der Kioskbesitzer von nebenan ist plötzlich nicht mehr da. Erste Fragen nach dem Tod können aufkommen, wenn ein Vogel gegen die frisch geputzte Fensterscheibe fliegt oder ein überfahrener Igel auf dem Standstreifen der Autobahn liegt.
Bei manchen Kindern erkrankt aber auch der Vater an Krebs oder die Mutter verstirbt bei einem Autounfall. Diese Situationen sind so unterschiedlich, dass sie individuelle Maßnahmen in der Trauerbegleitung erfordern. Natürlich kann kein Buch der Welt den Schmerz um den Verlust eines geliebten Familienmitglieds wegnehmen. Doch Bücher können den Schmerz benennen, die Trauer greifbarer machen und Anregungen geben, wie man mit dem Verlust umgehen kann. Und: Bücher brechen das Schweigen, das in vielen Familien rund um das Thema herrscht. Sie bieten Worte an, die den Begleitpersonen fehlen, und sprechen aus, was sich das Kind bisher eventuell nur zu denken getraut hat. Je nach Anlass kann vielleicht ein Bilderbuch besser helfen als das andere. Die folgenden Rezensionen sind daher in drei Kategorien unterteilt, welche die Auswahl des passenden Bilderbuchs erleichtern sollen:
Tiere als Protagonisten
Bücher, in denen Großeltern oder Kinder sterben, sind für Kinder, die noch wenig Berührung mit dem Tod hatten, häufig zu unheimlich. Zu realistisch wirken die Geschichten, zu viel Angst ist mit dem Thema verbunden. Hier können Tiere hilfreich sein, die erste Fragen zum Tod zu beantworten, ohne die Kinder zu verängstigen. Diese Bücher eignen sich auch schon für sehr junge Kinder, um ein erstes Verständnis für den Tod zu entwickeln.
Der Tod ist nichts, vor dem man Angst haben muss. Bücher, in denen der Tod als Freund auftaucht, vermitteln ein positives Bild vom Sterben und können Kinder beruhigen. Wenn eine geliebte Person stirbt, vielleicht sogar nach schwerer Krankheit, haben Kinder oft Angst, dass es ihr dort, wo sie hingegangen ist, immer noch schlecht geht. Bücher, die den Tod als Freund beschreiben, nehmen den Kindern diese Ängste. Sie können außerdem gegen die Angst vor dem eigenen Tod helfen, die Kinder häufig im Grundschulalter entwickeln.
Wenn ein Kind wirklich trauert, braucht es Bücher, die aussprechen, was das Kind fühlt: Trauer, Wut, Hilflosigkeit. Bücher, die konkrete Fragen beantworten, wie das Warum, das Wie und das Danach. In dieser Kategorie werden Bücher vorgestellt, die den Tod von Familienmitgliedern und Haustieren aufgreifen und verschiedene Antworten auf die Frage, was nach dem Sterben passiert, geben.
Antje Damm
Füchslein in der Kiste
Moritz Verlag 2020
14,00 Euro
ISBN: 978-3-8956-5399-5
In satten Farben schildert Antje Damm, wie ein müder alter Fuchs mit einer Kiste durch den Wald schleicht. Die anderen Tiere fragen sich, warum der Fuchs jetzt wohl in einer Kiste wohnt. Die Kaninchen fürchten sich vor ihm. Doch er hat nur noch einen Zahn und kann nichts mehr essen außer Tomatensuppe. Sie freunden sich mit ihm an und der Fuchs verbringt seine letzten Tage im Kreis der Waldbewohner. Dann legt er sich friedlich in die Kiste und stirbt. Die Tiere beerdigen ihn und treffen sich von nun an, um sich gegenseitig Geschichten vom Fuchs zu erzählen.
Kitty Crowther
Der Besuch vom kleinen Tod
Carlsen Verlag 2011
12,95 Euro
ISBN: 978-3-8489-0019-0
Schon gewusst, dass der Tod eine reizende kleine Person ist? Der Sensenmann in diesem wundervollen Büchlein fühlt sich einsam und abgelehnt, weil die meisten Menschen, die er in sein Reich abholt, darüber so traurig sind. Nur die alte Elisewin begrüßt ihn freundlich, als er schüchtern an ihre Tür klopft. Sie hat auf ihn gewartet, seit sie so starke Schmerzen hat. Elisewin hat keine Angst vor dem Sterben. Sie zeigt dem kleinen Tod alles, was sie kann, auch einen Handstand. Aber Elisewin muss in ein anderes Leben aufbrechen und ist bald ein Engel. Künftig hilft sie dem Tod, die Verstorbenen abzuholen.
Wolf Erlbruch
Ente, Tod und Tulpe
Verlag Kunstmann 2010
10,00 Euro
ISBN: 978-3-88897-657-5
Ente spürt, dass jemand hinter ihr her ist. „Ich bin schon in deiner Nähe für den Fall“, sagt der Tod. Die redselige Ente kann ihren Schrecken bald überwinden und befragt den wortkargen Tod über alles, was sie über das Ende zu wissen glaubt. Sie werden Freunde. Als sie dann auf dem Teich ihr Leben aushaucht, trägt der Tod sie behutsam zum großen Fluss und legt ihr eine Tulpe aufs Gefieder. Kitas, die regelmäßig mit Kindern philosophieren, können mit den sparsamen Bildern einen weiten Raum für die Vorstellungen der Kinder öffnen.
Julia Weißflog u. a.
Opas Stern
Hogrefe Verlag 2018
24,95 Euro
ISBN: 978-3-45685-906-4
Jons Opa ist gestorben und der Junge ist sehr traurig. Wo ist Opa hingegangen und warum? Mama antwortet: Opa ist jetzt ein Stern. Jon und seine Mama schauen in den Nachthimmel und sehen einen sehr hellen Stern. Das ist Opa, denkt Jon. Dabei fallen ihm die vielen Gespräche ein, wie sie gemeinsam den Himmel beobachteten und der Opa ihm über den Weltraum erzählte. In seinen Träumen trifft Jon den Mann im Mond, der ihm erklärt, dass Opas Stern immer dann besonders hell leuchtet, wenn Jon an ihn denkt. Das Bilderbuch erschien in der Reihe „Psychologische Kinderbücher“, die auch die Eltern ansprechen. Es gibt darin eine umfangreiche Adressenliste, wo betroffene Familien zum jeweiligen Thema Hilfe finden können.
Peter Schössow
Gehört das so??!
Hanser Verlag 2005
16,00 Euro
ISBN: 978-3-446-20563-5
In einem Park sitzen merkwürdige Gestalten. Ein Mädchen kommt. Es schleift eine große Handtasche hinter sich her und brüllt immer wieder: “Gehört das so?“ Die merkwürdige Schar folgt dem Kind, das Wut und Schmerz herausschreit: „Elvis ist tot!“ „Ja, ja“, rufen die anderen bestätigend: „Der konnte so schick mit den Hüften wackeln.“ „Nicht der Elvis“, heult das Mädchen, „mein Elvis!“ und öffnet die Handtasche. Da drinnen liegt ein toter Kanarienvogel. Was das Kind hier in die Welt schreit, ist ein tiefer Schmerz, allein zurückzubleiben. Doch die merkwürdigen Gesellen inszenieren eine schöne Beerdigung. Allein ist hier niemand.
Silvia und David Fernández
Und danach
Bohem Press 2021
18,00 Euro
ISBN: 978-3-95939-096-5
Die Artisten des Zirkus Galaxie sind eine besondere, bunte Truppe. Wer hat sonst seiltanzende Elefanten, jonglierende Kojoten und purzelbaumschlagende Büffel? So verschieden wie die Tiere sind auch ihre Visionen vom Leben nach dem Tod. Dieses Buch nimmt unsere Bilder vom Jenseits liebevoll aufs Korn, indem sie diese von Tieren beschreiben lassen. So sind denn im altägyptischen Totenreich bei Anubis einige Zirkustiere zu finden, genauso wie im christlichen Paradies. Das können die wiedergeborenen Tiere im Buddhismus nicht, weil man sie auf ihrer Reise ins Nirwana nicht mehr wiedererkennt. Dieses Buch wächst mit.
Wenn Bücher nicht mehr reichen: Im Webinar gibt Referentin Margit Franz praxisnahe Ideen und Impulse, wie Sie Kinder in der Trauer begleiten. Infos und Anmeldung hier.
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