Großeltern und andere Hilfskräfte in der Kita: Der Vorschlag des Städtetags Baden-Württemberg sorgte für Aufruhr. Auf Social Media wurden entsprechende Posts von Nachrichtensendern wie der Tagesschau und dem SWR geteilt und kommentiert, die Hauptthese war klar: Wenn ungelernte Hilfspersonen zum Personalschlüssel gezählt werden, mindert dies die hart erkämpfte Fachlichkeit des ausgebildeten Personals und das Ansehen der Ausbildung. Und es bedeutet für die Fachkräfte eher mehr als weniger Arbeit.
Kurz nochmal zusammengefasst: Bisher gilt, dass in Kitas in Baden-Württemberg zwei Fachkräfte pro Gruppe anwesend sein müssen. Ein Vorschlag aus den Kommunen sei nun, vermehrt auch ungelernte Hilfskräfte einzustellen und diese dann auch auf den Personalschlüssel anzurechnen. Statt wie bisher zwei Fachkräfte, könnten dann in einer Gruppe eine Fachkraft und zwei Hilfskräfte, also beispielsweise eine Praktikantin und ein Großvater für die Kinder da sein.
Wir aus der TPS-Redaktion haben schließlich bei unseren Autor:innen aus der Praxis nachgefragt: Was halten sie von dieser Idee?
Florian Esser-Greassidou, Qualitätsleiter und Fachberater in NRW sagt: „Als ich die Meldung gelesen habe, dass in Baden-Württemberg Großeltern und andere Hilfskräfte als Ersatz für ausgebildetes Personal einspringen sollten, war ich nicht begeistert. Das funktioniert doch nicht langfristig. Außerdem dachte ich sofort an die Außenwirkung, die eine solche Regelung hat: Mal wieder wird die Fachlichkeit der Fachkräfte abgesprochen. So ein Vorschlag zeigt, dass immer noch viele glauben: Wer gut mit Kindern kann, kann auch in der Kita arbeiten. Das würde man in anderen Berufen niemals machen. Ein Hobby oder eine Neigung ist nicht das Gleiche wie fachliche Kompetenz.
Ich sehe in dem Vorschlag, Großeltern in die Kitas zu holen folgende Probleme:
- Wie vermittle ich als Leitung oder Träger meinen Mitarbeitenden und auch den Eltern, dass ich gute Bildung voranbringen möchte und professionelle und qualitativ hochwertige Arbeit leiste und gleichzeitig ungelernte Hilfskräfte in die Einrichtung hole?
- Welchen Arbeitsbereich sollen die Hilfskräfte überhaupt übernehmen?
- Wie kann ich sicherstellen, dass die Regeln zum Kinderschutz und zur Datensicherheit eingehalten werden? Neues Personal muss sich immer erst das Vertrauen aller erarbeiten und ich halte es auch für problematisch, wenn durch verwandte Hilfskräfte wie Großeltern oder Eltern sensible Informationen über andere Kinder durchsickern und weitergegeben werden.
In NRW haben wir die Möglichkeit, sogenannte Alltagshelfer einzustellen. Diese wurden im Zuge der Corona-Krise eingestellt, um morgens als Erste die Einrichtung zu desinfizieren und beim Einhalten der Hygienemaßnahmen zu helfen. Inzwischen begleiten sie aber auch mal einen Ausflug, reparieren ein Laufrad oder bringen das Mittagessen in die Gruppenräume und wieder in die Küche. Sie haben aber keinen pädagogischen oder pflegerischen Auftrag und werden auch nicht auf den Personalschlüssel angerechnet. Meiner Meinung nach schützt diese Regelung sowohl die Helfer:innen vor zu viel Verantwortung als auch die Einrichtungen vor Überlastung.“