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Netzwerkarbeit in der Kindertagespflege gehört zu den grundlegenden Bestandteilen dieses Betreuungssystems. Sie begründet sich aus der Struktur der Selbstständigkeit der Kindertagespflegepersonen. In der täglichen Arbeit hat die Kindertagespflegeperson kein kollegiales Gegenüber. Groß- und Verbundtagespflege gehören bundesweit nicht zu den gängigen Modellen innerhalb des Betreuungssystems Kindertagespflege.1 In vielen Teilen Deutschlands ist sie gesetzlich nicht verankert und darum nicht möglich. In der Regel bewältigen Tagesmütter und -väter daher allein und eigenständig den pädagogischen und organisatorischen Alltag. Gleichzeitig sind sie in ihrer Tätigkeit als Kindertagespflegeperson eingebettet in ein komplexes System mit einer Vielzahl an Beteiligten. Um in diesem System nicht losgelöst voneinander und vereinzelt zu bestehen, bedarf es Möglichkeiten der Begegnung, des Austauschs sowie Gelegenheiten der Reflexion des eigenen Handelns. Vernetzungsarbeit in der Kindertagespflege vereint all diese Bedarfe und verfolgt dabei zwei Ausrichtungen, welche die Kindertagespflegeperson jeweils auf ganz eigene Weise stärken können.
Das persönliche Netzwerk einer Kindertagespflegeperson ist ein essenzieller Bestandteil in ihrer alleinigen alltäglichen Arbeit. Es dient der eigenen Stärkung und Rückversicherung. Es ermutigt sie und gibt ihr Sicherheit – besonders bei unerwartet auftretenden Schwierigkeiten. Unfälle, Erkrankungen oder Unsicherheiten in unvorhergesehenen Situationen sind Beispiele dafür. Sie können mithilfe eines guten persönlichen Netzwerks einfacher und souveräner bewältigt werden, indem Informationen, Hilfen oder andere Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden können. In der Praxis sind es die eigene Familie, Menschen aus dem Freundeskreis und andere Tagesmütter und -väter, welche dieses persönliche Netzwerk bilden. Ihre inhaltliche Ausgestaltung sowie die Intensität der Beanspruchung variieren und sind höchst individuell. Gemeinsam sind ihnen allen die Komponenten Vertrauen, Sicherheit und Unterstützung.
Die zweite Ausrichtung der Vernetzungsarbeit ergibt sich aus den gesetzlichen Anforderungen des SGB VIII und zum Teil auch den Bildungsplänen der Länder. Diese hohe professionelle Anforderung macht eine kontinuierliche, fachliche Begleitung der Kindertagespflegeperson notwendig. Die gesetzliche Verantwortung hierfür liegt beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. An dieser Stelle nimmt die Fachberatung eine zentrale Rolle für die Umsetzung und Ausgestaltung dieser Ansprüche ein. Gelingende fachliche Begleitung der Tätigkeit in der Kindertagespflege, die Reflexion und das Intervenieren basieren auf drei wesentlichen Aspekten:
Eine Besonderheit und eigene Herausforderung in der Kindertagespflege bildet dabei die teilweise Vermischung zwischen privatem und selbstständigem Bereich. Kollegiale Beratung sowie der Fachaustausch helfen, typische und in Vereinzelung als sozial belastend erlebte Situationen richtig einzuordnen und als lös- beziehungsweise leistbar zu erfahren. Ohne Unterstützung von außen ist es Kindertagespflegepersonen kaum möglich, diese kontinuierliche fachliche Vernetzung zu pflegen. Die Fachberatung ihrerseits benötigt neben Ressourcen für diese fachliche Begleitung ebenso ein eigenes Netzwerk zur kollegialen Beratung, zum Fachaustausch sowie zur Reflexion der eigenen Rolle als Fachberaterin oder -berater.
Neben dem persönlichen Netzwerk sowie dem Austausch mit der Fachberatung sind es Treffen in Tagespflegevereinen und Arbeitskreisen, der Besuch von Fort- und Weiterbildungen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen wie der Aktionswoche für die Kindertagespflege, welche Begegnungen ermöglichen. In diesen Settings treffen Kindertagespflegepersonen nicht nur auf Kolleginnen und Kollegen sowie die Fachberatung, sondern sie begegnen hier auch weiteren Beteiligten des Systems Kindertagespflege und der frühkindlichen Betreuung. Wenn in Fortbildungen Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auf Tagesmütter und -väter treffen, eröffnet sich ein Raum, welcher Verbindung zwischen den Menschen schaffen kann, deren aller Wunsch es ist, Kinder Tag für Tag kindgerecht und liebevoll zu begleiten. Mögliche bestehende Vorurteile gegenüber anderen Professionen können auf diese Weise abgebaut werden und Wertschätzung für das Engagement in der pädagogischen Arbeit kann wachsen. Auch andere Vernetzungsformate wie Fachtagungen helfen Brücken zu bauen und verantwortliche Personen aus Vereinen, Netzwerken und Interessengemeinschaften, aber auch Kindertagespflegepersonen, pädagogisch tätige Personen sowie Menschen aus Politik und Ministerien miteinander in Austausch zu bringen. Grundlage hierfür ist die professionelle Begleitung und Moderation, um einen solchen Austausch zu ermöglichen. Damit diese Begegnungen mehr sind als ein Aufeinandertreffen, ein Austausch von Meinungen und Erfahrungen, gilt es unter anderem, die strukturellen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Dazu gehört die Beachtung der Arbeitszeiten der Tagesmütter und -väter, aber auch die der Arbeitszeitmodelle weiterer Beteiligter im System. Veranstaltungen und Netzwerktreffen für Kindertagespflegepersonen können in der Regel nicht oder nur schwer während der Betreuungszeiten stattfinden. Veranstaltungen am Abend und an Samstagen sind hingegen für verantwortliche Personen im öffentlichen Dienst ungeeignet. Auch die räumlichen und regionalen Möglichkeiten sowie die Vertretungsregelungen gilt es zu berücksichtigen. Das Austarieren dieser unterschiedlichen Bedürfnisse bedarf einer empathischen und engagierten Haltung aufseiten der initiierenden und organisierenden Personen. Absprachen während der Vernetzungstreffen zu Inhalten und zeitlichen Vereinbarungen sind weitere Aspekte, welche es gut zu moderieren und zu kommunizieren gilt. Um die Vielfalt der unterschiedlichen Gruppen von Beteiligten zu vereinen und einen für alle als gewinnbringend empfundenen Austausch zu ermöglichen, ist die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen, eine notwendige Einstellung. Folgende Fragen können helfen, in der Vielzahl an Vernetzungsmöglichkeiten eine Variante zu finden, die als unterstützend und hilfreich empfunden wird:
Das Spektrum und die Unterschiedlichkeit der Beteiligten im System Kindertagespflege könnte größer kaum sein: Selbstständig tätige Kindertagespflegepersonen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freier Träger, pädagogisch und nicht pädagogisch ausgebildete Personen der öffentlichen Verwaltung und Politik agieren in diesem Feld. Wünsche, Ziele, Perspektiven gehen dabei nicht selten auseinander. Doch die vielfältigen Perspektiven sind auch gewinnbringend. Ihnen wertschätzend und respektvoll zu begegnen ist Schlüssel einer gelingenden Netzwerkarbeit.
Anmerkung 1 Statistisches Bundesamt (2020): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe.
Literatur: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (2011): Vernetzung – Stärkung – Professionalisierung der familiennahen Kindertagespflege in Sachsen. Untersuchung und Empfehlungen der Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen.
Die Autorinnen bilden das Projektteam der Informationsund Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen (IKS). Die IKS ist ein vom Freistaat gefördertes Landesprojekt und unterstützt sachsenweit die Sicherung und Weiterentwicklung der familiennahen Kindertagespflege. Die Vernetzung bildet dabei einen entscheidenden Projektbaustein. Das Projekt startete 2009 in der Trägerschaft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Sachsen.
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