29.04.2024
Jana Gerdum

Den Sprachschatz entdecken

Sprachförderung und Sprachbildung

Clara spricht nur fünf Worte, aber die sehr deutlich. Theo dagegen redet wie ein Wasserfall – nur leider versteht man kaum, was er sagt. Wie Sie die Jüngsten in der Sprachentwicklung fördern und begleiten.

klein & groß

Sprachförderung und Sprachbildung: Ist das nicht dasselbe?
Nicht wirklich. Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Förderung und Bildung. Sprachförderung orientiert sich hauptsächlich an Defiziten und konzentriert sich auf eine Sache. Dem folgend gestaltet man Angebote, die sich speziell mit Wörtern und Sprache beschäftigen.

 


Ein Beispiel: „Paul, komm mit in den Förderraum. Jetzt ist Zeit für Sprachförderung!“. Der Junge wird in einen Nebenraum gerufen. Dort liegen schon verschiedene Bildkarten bereit. 20 Minuten lang soll er die Gegenstände, die er auf den Bildern erkennt, benennen. Doch wirkt sich das auf seine Sprachentwicklung aus? Kann man ihn so motivieren, Freude an Sprache und Kommunikation zu entwickeln?


 

Im Gegensatz zur Sprachförderung findet Sprachbildung im Alltag und nicht separat statt. Fachkräfte stülpen den Kindern Spracherziehung nicht in einem starren Konzept und zeitlich begrenzten Fördereinheiten über. Vielmehr fließt Sprache in alle zwischenmenschlichen Begegnungen ein. Sprachentwicklung basiert auf Beziehungen und ist ressourcenorientiert. Im Fokus stehen die Interessen der Kinder. Denn Kinder, die interessiert sind, zeigen meist Ausdauer so- wie Motivation und sind offen, Neues zu lernen.
Grundlage der alltagsintegrierten Sprachbildung ist die Haltung der pädagogischen Fachkraft. Besonders in der Krippe sind die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder noch nicht stark ausgeprägt. Entscheidend ist es, sie trotzdem als vollwertige Kommunikationspartner:innen anzuerkennen.

 

So gelingt Kommunikation mit Krippenkindern

Auf Augenhöhe

Um mit Kindern in den Dialog zu gehen, muss ich ihnen auf Augenhöhe begegnen. Im Sinne der Körpergröße meint das in die Hocke zu gehen oder sich zu dem Krippenkind auf den Boden zu setzen. Außerdem muss die Fachkraft das Kind als Gesprächspartner:in wertschätzen. Dazu braucht man ein Bewusstsein dafür, dass man als Erwachsener nicht alles besser kann oder weiß. Wir müssen für die Ansichten und Perspektiven der Kinder offen sein.

 

Blickkontakt herstellen

Blickkontakt ist die Grundlage für Kommunikation. Durch Augenkontakt vermittle ich dem Kind Interesse und Aufmerksamkeit. So macht Kommunikation Spaß.

 

Interessiert und aufmerksam zuhören

Wer erzählt gerne etwas, wenn das Gegenüber nicht zuhört? Nicken, lächeln, das Gesagte wiederholen: Nicht nur mit Blickkontakt, sondern durch meine gesamte Mimik und Körpersprache, kann ich dem Kind deutlich machen, dass ich ihm gerne zuhöre. Je nach Entwicklungsstand zeigt man Interesse, indem man Nachfragen stellt.

 

Zeit geben

Kinder finden nicht immer direkt die richtigen Worte, um auszudrücken, was sie sagen möchten. Merke ich, dass ein Kind etwas sagen will, sollte ich ihm Zeit geben. Selbst wenn das Kind die ganze Zeit „ähm“ sagt oder von vorne anfängt. Fachkräfte sollten es aushalten können, dem Kind die Worte nicht abzunehmen und abzuwarten.

 

Sprechanlässe schaffen

„Ach, wie schön die Sonne heute scheint!“, „Was macht denn da solche Geräusche?“, „Du hast ja ein tolles T-Shirt an!“:

Ein einfacher Ausruf oder eine offene Frage motivieren Kinder, ebenso zu kommunizieren, wie ihnen neue, unbekannte Materialien bereitzustellen oder eine Entdeckungstour durch die Natur zu unternehmen.

 

Sprachvorbild sein

In jedem sprachlichen Kontakt mit Kindern fungiere ich als Vorbild. Man sollte deswegen in ganzen Sätzen sprechen, Freude am Kommunizieren ausdrücken und das Sprachverhalten dem Entwicklungsstand des Kindes anpassen.

 

Bewusste Formulierungen wählen

In der Kommunikation mit Kindern sollte ich Formulierungen wählen, die zum Sprechen einladen. Dazu gehört es, offene Fragen zu stellen und Worte bewusst zu wählen. Sätze sollten kurz und leicht verständlich sein. Auf komplexe Wortkonstruktionen sollten Fachkräfte verzichten.

 

 

Die richtige Umgebung macht‘s

Neben der Haltung der pädagogischen Fachkraft hat die Umwelt einen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung. Damit ist nicht unbedingt die räumliche Umgebung gemeint, sondern Begegnungen mit Menschen sowie Materialien und Strukturen in der Kita. Bei der alltagsintegrierten Sprachbildung geht es darum, ein sprachförderndes Umfeld und Sprachanlässe zu schaffen. Pädagogische Fachkräfte in der Krippe sollten die Kinder sprachlich begleiten, zur Kommunikation anregen und Freude an Sprache wecken. Dadurch kommen die Jüngsten spielerisch und quasi von selbst in Kontakt mit Sprache und lernen durch Erleben. Neben dem alltäglichen Dialog gibt es viele Methoden, um Kindern Sprache näherzubringen.

 

  • Wiederkehrende Rituale: Rituale in den Alltag einzubauen, kann die Sprachentwicklung fördern. Ein tägliches Begrüßungslied oder ein Gebet vor dem Mittagessen, laden Kinder zum Sprechen ein.
  • Singen: In vielen Kitas wird im Alltag gesungen. Das wirkt sich positiv auf die Sprachentwicklung aus. Singen macht den meisten Kindern Spaß und weckt dadurch Freude an Sprache. Außerdem entwickeln Kinder beim Singen ein Rhythmusgefühl, welches ihnen beim Sprechen hilft, die richtige Betonung und Satzmelodie zu finden. Lieder zu wiederholen, fördert Kinder zudem darin, ihre Grammatik weiterzuentwickeln und den Wortschatz zu erweitern.
  • Rollenspiele: Im Rollenspiel können Kinder sich sprachlich ausprobieren. Sie schlüpfen in unterschiedlichste Rollen und versprachlichen Dinge, die normalerweise nicht ihrer Rolle entsprechen. Ein klassisches Beispiel für erste Rollenspiele ist das Eltern-Kind-Spiel, bei dem das Kind plötzlich in die Rolle eines Elternteils schlüpft und verarbeitet, was es selbst erlebt hat. Oft beziehen Kinder hierbei andere Personen ins Spiel mit ein oder erklären ihr Handeln. Darüber hinaus setzen sie sich im Rollenspiel mit der Sprache anderer Kinder auseinander und ahmen diese vielleicht sogar nach.
  • Reimen: Beim Reimen lernen Kinder, sich weniger auf die Bedeutung von Worten zu konzentrieren, sondern auf deren Klang – eine erste Voraussetzung für den Schriftspracherwerb. Reimen begegnen wir häufig: Fingerspiele, die schnell die Aufmerksamkeit von Krippenkindern einfangen, und auch Bilderbücher sind gerne in Reimform geschrieben.
  • Bilderbücher: Bilderbücher sind ein wichtiges Mittel, um den Wortschatz zu erweitern. Über die Bilder versucht die Fachkraft mit dem Kind ins Gespräch zu kommen. Dabei muss man sich dem Entwicklungsstand des Kindes anpassen. Zunächst kann man Bilder benennen und beschreiben, auf die das Kind zeigt. Spricht es bereits erste Worte, kann die Fachkraft das Kind einladen, selbst zu benennen, was es sieht. Verfügt es bereits über einen größeren Wortschatz, kann man Fragen zu dem Bild stellen und das Kind genauer beschreiben lassen, was es sieht.
  • Spiele für die Mundmotorik: Die Mundmotorik zu trainieren, dient einer deutlichen Aussprache von Lauten und Worten. Sie kann durch verschiedene Lieder oder Fingerspiele geübt werden. Ebenso durch das Blasen von Seifenblasen, Pustebildern oder indem man Grimassen schneidet.

 

Bildquellen AdobeStock_289090075
Konzentration und Merkfähigkeit Soziale Kompetenzen Sprache und Kommunikation Pädagogische Fachkraft Hort Kindergarten Krippe Besonderer Förderbedarf Inklusion/Integration Kommunikation mit dem Kind Soziales Handeln Soziale und emotionale Kompetenz Sprache
Bitte warten Sie einen Moment.