17.01.2022
Susanne Zabel-Lehrkamp

Damit aus Kindern später Leseratten werden

Bücher sind schon in der Kita wichtig. Vorlesen weckt das Interesse für Schrift, stärkt das Sprachgefühl und regt die Fantasie an. Ideen für passende Projekte in Ihrer Einrichtung.

Bücher sind schon in der Kita wichtig. Vorlesen weckt das Interesse für Schrift, stärkt das Sprachgefühl und regt die Fantasie an. Ideen für passende Projekte in Ihrer Einrichtung.  Vorlesen braucht Zeit und Fachkräfte – nicht immer einfach in vielen Kitas dieser Tage. Aber es ist wichtig für das spätere Erlernen von Lesen und Schreiben. Das zeigt schon ein Blick in die Sprachstandsanalyse-Bögen Sismik und Seldak: Der Bedeutung des Vorlesens ist hier ein eigener Bereich gewidmet. Darin wird auch das Interesse der Kinder an Bilderbüchern und an Schrift erfragt. Beides steht im direkten Zusammenhang mit dem Erwerb der Schriftsprache, da Symbole für Wörter stehen. Doch nicht nur lesen und schreiben lernen sich später einfacher, wenn sich bereits Kleinkinder für Bücher interessieren. Auch das Sprachgefühl entwickelt sich. Die erste Vergangenheitsform und der Konjunktiv finden sich fast ausschließlich in der Schriftsprache. Darüber hinaus vermittelt das Vorlesen ein wertvolles Bindungsgefühl. Wer sich wohl und angenommen fühlt, dem fällt das Lernen leichter. Verschaffen Sie sich ein Bild über den Stand in Ihrer Einrichtung. Beobachten Sie die Kinder: Wo schauen sie sich die Bücher an? Wie sind diese in Ihrer Kita positioniert? Welche Bücher gibt es in Ihrer Einrichtung? Wie häufig und wo lesen die Fachkräfte vor? Was tun Sie als Einrichtung, um dies zu fördern?

Mit diesen Ideen können Sie das Vorlesen ausbauen:

  1. Besprechen Sie das Thema im Team. Definieren Sie ein Ziel, zum Beispiel: Wir möchten, dass unsere Kinder mehr Bücher anschauen. Wir möchten mindestens einmal in der Woche vorlesen. Wir möchten, dass die Eltern mehr vorlesen. Bestimmt fallen Ihnen weitere Ziele zu diesem Thema ein.
  2. Legen Sie einen Zeitraum fest, in dem Sie das Lesen und Vorlesen verstärkt in den Mittelpunkt rücken. Sechs Monate sind eine gute Zeit. Evaluieren Sie währenddessen immer wieder, ob es Veränderungen bei den Kindern, Fachkräften und Eltern gibt und ob die Ziele nachjustiert werden müssen.
  3. Wählen Sie zwei Teammitglieder, die sich des Themas annehmen und die Organisation übernehmen.
  4. Räumen Sie diesen Fachkräften Teamzeit ein, um die Veränderungen zu planen und umzusetzen.
  5.  Informieren Sie den Elternbeirat.
  6. Evaluieren Sie das Projekt am Ende.

Praxisideen:

  1. Besuchen Sie mit den Kindern die örtliche Bücherei oder bestellen Sie den Bücherbus zu Ihrer Einrichtung. Der Bücherbus hat den Vorteil, dass die Eltern zum Termin eingeladen werden können und so für ihre Kinder Bücher ausleihen können.
  2. Sichten Sie Ihren Bücherfundus. Sortieren Sie gnadenlos aus und entsorgen Sie zerfledderte und nicht ansprechende Bücher. Sortieren Sie eine kleine Bibliothek nach Themen. Das erleichtert den Fachkräften, passend zu den Interessen und Themen der Kinder Bücher auszuwählen. In jeder Gruppe, vielleicht auch im Flur oder im Lesezimmer, können Sie auf Leisten bis zu acht Bücher positionieren. Die Kinder sollten das Cover sehen. Das spricht sie mehr an als überfüllte Regale. Tauschen Sie die Bücher immer wieder, um mit verschiedenen Themen Interesse bei unterschiedlichen Altersgruppen zu wecken.
  3. Laden Sie Eltern ein, in Ihrer Einrichtung vorzulesen. Um die Mütter und Väter nicht zu überfordern, sollte eine Fachkraft die Lesestunde begleiten. Haben Sie viele Familien mit Migrationshintergrund in der Einrichtung? Dann bietet sich muttersprachliches Vorlesen an. Die Familie liest das Buch in ihrer Muttersprache und eine Fachkraft parallel auf Deutsch vor. Alle Kinder werden daran ihren Spaß haben.
  4. Feiern Sie das „Buch des Monats“. Suchen Sie mit den Kindern eine Geschichte aus, die Sie im nächsten Monat in den Fokus rücken. Informieren Sie die Eltern über Ihre Pinnwand und werden Sie kreativ. Lassen Sie sich Basteleien, Fingerspiele, Theaterstücke oder Musikgeschichten rund um das Thema des Buches einfallen. Lesen Sie die Geschichte im Freispiel vor, bauen sie in den Morgenkreis ein und lesen Sie vor, so oft die Kinder Sie darum bitten. Sie werden eine enorme Nachfrage feststellen.
  5. Gestalten Sie drei bis fünf Bücherkoffer für Ihre Kita. Diese sollten verschiedene Altersgruppen und Themen ansprechen. Drei Bücher, ein Ausmalbild und eine Beschäftigungsmöglichkeit füllen jeden der Koffer. Diese können Sie an einem Elternabend und in einer Kinderkonferenz vorstellen und die Regeln im Umgang mit den Koffern gemeinsam definieren. Im Morgenkreis wird ausgelost, wer sich für die kommende Woche einen Koffer ausleihen darf.
  6. Haben Sie einen ehrenamtlichen Vorlesepaten? Wie wäre es, einen für Ihre Einrichtung zu gewinnen? Ein regelmäßiger Besuch der Vorlesepatin wird sicherlich zur Attraktion für die Kinder. Achten Sie bei der Kooperation mit Ehrenamtlichen unbedingt auf Ihre Trägervorgaben und denken Sie daran, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis zu fordern.
  7. Haben Sie schon mal mit Kindern gemeinsam ein Buch geschrieben? Bestimmt brennen manche Kinder in der Einrichtung gerade für ein Thema. Dann greifen Sie dieses Interesse auf und fragen Sie, ob die Kinder ein Buch über ihr Thema „schreiben“ wollen. Lassen Sie die Kinder eine Geschichte dazu malen und ergänzen Sie den Text. Vielleicht entwickeln sie auch ein kleines Theaterstück und ein Büchlein für Zuhause. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf.
  8. Erzähltheater bieten eine wunderbare Möglichkeit, mit Kindern Geschichten zu erzählen und vorzulesen. Mit den großen Bildern ist das im Morgenkreis oder vor einer größeren Gruppe möglich. Binden Sie die Kinder in die Geschichte ein, dann wird diese lebendig. Vielleicht haben Sie das passende Buch in der Einrichtung, das Sie den Kindern nach dem Erzähltheater anbieten.

Dies sind nur einige Praxisbeispiele, wie Sie Bücher interessanter und ansprechender gestalten und so das Lesen zum zentralen Bestandteil Ihrer Kita machen können. Sie werden feststellen, dass das Interesse der Kinder an Büchern und Geschichten wächst und sich damit Sprachfähigkeit und Fantasie weiterentwickeln. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Susanne Zabel-Lehrkamp arbeitet als Sozialpädagogin mit den Schwerpunkten Inklusion und Zusammenarbeit mit Eltern.  

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