09.12.2020
Sabine Lotz

Abschied vom Nuckeln – Schnuller und Daumen – was sie bringen, wie sie schaden

Babys tut das Nuckeln gut, bei größeren Kindern überwiegen die Nachteile. Warum die Lutschentwöhnung wichtig ist und wie man Kindern dabei hilft.

Am Anfang wollen alle Babys nuckeln. Ein angeborener Saugreflex lässt sie an allem lutschen, was ihnen in den Mund kommt. Am liebsten natürlich an Mamas Busen und am Fläschchen, aber gern auch an einem Schnuller. Viele Winzlinge entdecken zudem recht schnell, dass man an den eigenen Fingern ebenfalls prima saugen kann. Und dass mit Daumen oder Schnuller im Mund alles irgendwie leichter fällt: das Warten aufs Fläschchen, das Einschlafen, der Aufenthalt in fremder Umgebung. Bei den meisten Kindern ist die Nuckelei nur eine Frage der Zeit. Je älter und mobiler die Kleinen werden, desto mehr nimmt ihr Saugbedürfnis ab. Das liegt zum einen daran, dass sie nun auch ihre Nahrung nicht mehr per Saugen zu sich nehmen, sondern kauen. Zum anderen fällt es ihnen mit zunehmendem Alter immer leichter, sich selbst zu beruhigen beziehungsweise abzureagieren. Schnuller und Daumen müssen immer seltener als Trost oder Blitzableiter herhalten und kommen oft nur noch bei Müdigkeit oder abends im Bettchen zum Einsatz.

Gravierende Folgen

Und das ist auch gut so. Denn langanhaltendes Lutschen hat oft gravierende Folgen für Kiefer und Zähne. Steckt ständig etwas zum Nuckeln im Mund, kann die Mund- und Gesichtsentwicklung nicht wie von Mutter Natur vorgesehen ablaufen: Zum einen prägt sich der Oberkiefer nicht kräftig genug aus, weil die Zunge, die ihn von innen ausformen soll, ständig von Schnuller oder Daumen in den Unterkiefer gedrückt wird. Zum anderen bildet sich ein offener Biss zwischen oberen und unteren Schneidezähnen, weil diese beim Saugen immer wieder in die Kiefer zurückgeschoben werden. Noch mehr Probleme als Schnullerkinder haben in der Regel kleine Daumenlutscher, weil an ihrem „Nuckel“ eine ganze Hand samt Arm dranhängt: Deren Gewicht presst den Unterkiefer nach hinten, während gleichzeitig der Daumen den Oberkiefer nach vorne zieht und die oberen Schneidezähne nach außen drückt. Die sichtbaren Folgen: Hasenzähnchen und ein fliehendes Kinn. Die unsichtbaren: Schwierigkeiten beim Abbeißen und Kauen. Und damit nicht genug! Auch die Sprachentwicklung leidet: Nuckelkinder lispeln häufig, weil bei ihnen die Zunge bei den S- und Z-Lauten durch die Lücke zwischen oberen und unteren Schneidezähnen hindurchschlüpft.

So gelingt der Abschied vom Nuckeln

Je länger die Lutschphase, desto ausgeprägter die Folgen. Gute Chancen, dass sich ein offener Biss wieder zurückbildet, bestehen bei einem Nuckelabschied spätestens um den dritten Geburtstag herum. Auf jeden Fall aber muss Schluss sein mit Nuckeln, bevor die bleibenden Zähne kommen. Aber wie? Der Lutsch-Stop funktioniert nur, wenn das Kind mitspielt, doch ein echter kleiner Nuckler lässt sich seinen Didi, Diezel oder Nulli nicht einfach wegnehmen; und der Daumen ist eh angewachsen. Was also tun? Auf jeden Fall keine rabiaten Methoden anwenden. Bittermittel auf den Daumen streichen oder Schnuller aus dem fahrenden Auto werfen bringt gar nichts. Ein Kind, das unbedingt nuckeln will, wird einen Weg finden, es zu tun. Dann lutscht es eben an Sweatshirt-Ärmel, Kuscheltier oder Bettdecke. Oder es steigt auf einen anderen „Blitzableiter“ um und fängt zum Beispiel an, Nägel zu kauen. Erfolgreiches Entwöhnen von Daumen oder Schnuller funktioniert nur auf sanfte Weise. Dafür brauchen Mütter und Väter viel Fantasie und Geduld – und die Unterstützung der Tageseltern, die natürlich in Sachen Nuckelabschied am gleichen Strang ziehen sollten. Hier ein paar Vorschläge, wie man dem Kind die schwere Trennung leichter machen kann.

Vom Daumen mit:

  • Zauberball: Das ist ein kleiner, Kinderhand-gerechter Ball, der das Daumenlutschen wegzaubern kann, wenn man ihn in der Lutsch-Hand hält und den Daumen fest darauflegt.
  •  Kalender: Das Kind darf an jedem Tag, den es ohne Daumen im Mund verbracht hat, einen wunderschönen Sticker auf einen Kalender kleben.
  • Daumenkumpel: Jeden Morgen mit Lebensmitteln ein freundliches Gesicht auf den Daumen malen. Dieser Freund, diese Freundin geht mit dem Kind durch dick und dünn. Nur Dunkelheit mag er oder sie nicht, deshalb darf man ihn oder sie nicht in den Mund stecken.

Vom Schnuller mit:

  • Geschenk: Abends vor dem Schlafengehen die Schnuller in eine Schachtel vor der Haus- oder Wohnungstür deponieren. Am nächsten Morgen liegt an derselben Stelle eine andere Schachtel – mit einem Geschenk von der Nuckel-Fee.
  • Blumenzucht: Die Schnuller in einem großen Topf mit Erde vergraben und später, ohne das Kind, noch Blumenzwiebeln oder Samen hinzufügen. Dann jeden Tag gemeinsam schauen, wann die „Schnullerpflanze“ herauswächst.
  • Nuckelruhe: Ein Puppenbett herrichten, in das jeden Morgen der von der Nacht erschöpfte Schnuller gelegt wird, bis alle Nuckel „zur Erholung“ sind und man nicht weiß, wann man sie wieder nutzen kann. 

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