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Vor einigen Jahren betreute ich ein Kleinkind in meiner Kindertagespflege, das von sich aus weniger mit Worten, dafür mehr mit Gesten und Mimik kommunizierte. Ich war verblüfft, wie gut dieses Kind sich mitteilen konnte, sobald ich mit seinem eigenen Vokabular vertraut war. Dies brachte mich darauf, mich über die Gebärdensprache und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Kindertagespflege zu informieren. Die Möglichkeit, mit den Kindern in Kontakt treten zu können, auch wenn sie noch keine Lautsprache nutzen können, überzeugte mich von Anfang an.
Auf der Suche nach Materialien stieß ich auf das Buch „Babysignal – Mit den Händen sprechen“ von Wiebke Gericke (erschienen im Kösel-Verlag). Darin werden die wichtigsten Lebensbereiche eines Säuglings und Kleinkindes mit den dazugehörigen Gebärden aus der Deutschen Gebärdensprache (DGS) anschaulich erklärt. Zusätzlich schaute ich mir bei Unsicherheiten in der korrekten Darstellung kurze Erklär-Videos im Internet an (z. B. www. signdirect.org).
Auf diese Weise erwarb ich in den letzten Jahren viele Vokabeln in der Gebärdensprache, die ich situationsabhängig anwende. Ich kenne zum Beispiel die Gebärde für „Mama“, „Papa“ und „Arbeit“. Fragt mich ein Kind nach seiner Mama, antworte ich: „Deine Mama ist auf der Arbeit“ und zeige entsprechend die Gebärden für „Mama“ und „Arbeit“. Wenn wir gemeinsam ein Buch über Tiere betrachten, kann ich den Kindern neben der Lautsprache auch stets die dazugehörige Gebärde zeigen.
Es ist faszinierend zu beobachten, wie gut dieses Konzept funktioniert. Bezogen auf den Inklusions-Gedanken spricht die Anwendung von Gebärden parallel zur Lautsprache alle Heterogenitätsdimensionen an. Die Vielfalt der Kinder und somit auch die Vielfalt ihrer persönlichen Lebensbereiche stellt kein Hindernis dar. Es ist egal, aus welcher Schicht der Gesellschaft die Kinder kommen, ob die Eltern einen höheren Schulabschluss haben, vielleicht vermögend sind oder welcher Kultur sie angehören. Auch das Geschlecht der Kinder spielt keine Rolle. Bei der Nutzung der Gebärden parallel zur Lautsprache ist es wie beim Sprechenlernen allgemein: Keiner fragt ja schließlich danach, warum Kinder mit dem Sprechen beginnen. Sie tun es einfach. Die Nutzung ist unabhängig vom Alter der Kinder. Bereits Säuglinge und einjährige Kleinkinder erkennen Gebärden und ihre Bedeutung; ich beobachte täglich, dass meine einjährigen Tageskinder Gebärden nachmachen und situativ anwenden. Die Anwendung von Gebärden hemmt auch nicht das lautsprachliche Sprechenlernen. Im Gegenteil! Durch die positive Reaktion auf angewandte Gebärden sind Kleinkinder motiviert, ihren Wortschatz zu erweitern. Es ist unwichtig, wie weit die Kinder in ihrer Sprachentwicklung sind. Jedes Kind wird dort abgeholt, wo es gerade steht. Durch die Verwendung von Gebärden kann jedes Kind seine gesprochenen Worte und Sätze zusätzlich eindeutig zeigen, egal wie verständlich die Lautsprache ist. Meine Aufgabe liegt dann stets darin, das Gehörte zu wiederholen und mit der Gebärde zu unterstützen.
Durch die vielen, ausschließlich positiven Erfahrungen, die ich durch die Nutzung von Gebärden parallel zur Lautsprache machen konnte, habe ich mich entschieden, einen Schritt weiter zu gehen. Ich werde einen Grundkurs der Deutschen Gebärdensprache besuchen und diese von der Pike auf erlernen. Ich bin gespannt, was sich daraus entwickeln wird …
Elke Hirt, Tagesmutter in Usingen-Merzhausen, begleitet die gesprochene Kommunikation mit Gebärden – dies unterstützt Verstehen und Sprachentwicklung bei allen Kindern und kommt besonders denen zugute, die sich lautsprachlich noch nicht so gut verständigen können.
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