Dann kamen die Kinder zurück, ich gehe nicht im Detail auf die teilweise sehr unbefriedigenden Vorgaben durch das Ministerium ein. Tagtäglich, bis heute, halten unzählige Mails dazu Einzug in meinen Account. Meine Beratungstätigkeit nahm wieder Aufwind, aber in anderer Form. Ich beschäftigte mich wieder weniger mit inhaltlichen, sondern mit formellen Dingen. Wie teilen wir die Betreuungssettings ein, wie gestalten wir die Öffnungszeiten, Reduzierung der Betreuungszeiten bzw. Ausweitung der Betreuungszeiten. Wie müssen Leitungen Eltern über welche Inhalte informieren? Wie positioniert sich der Träger zu bestimmten Vorgaben und Entscheidungen, wo übernimmt er Eigenverantwortung?
Viele Fragen, viele Unsicherheiten. Gleichzeitig mischten sich viele negative Gefühle in meine Tätigkeit. Warum werden Kitas immer erst nach den Grundschulen in allen öffentlichen Bereichen wie Zeitung, Fernsehen, Radio etc. erwähnt. Warum gibt es keine verbindlichen Aussagen zu den in Kitas zu betreuenden Kindern. Natürlich geht es den Kindern ohne Kita nicht gut, natürlich haben Familien große Betreuungsprobleme. Aber was ist mit den pädagogischen Fachkräften? Sicherlich möchte niemand in solchen Zeiten in politischer Verantwortung stehen, aber ein bisschen mehr Wertschätzung hätte ich mir für die Fachkräfte in meinen Kitas doch gewünscht. Denn sie haben sich tatsächlich für jede Veränderung, und das waren im letzten Jahr sehr viele, immer wieder flexibel zum Wohl der Kinder eingesetzt. Bis zum heutigen Tag sind unsere Kitas trotz des Appells und einiger Notbremsen zu ca. 70 - 80 Prozent gefüllt.
Nachdem nun mehr als ein Jahr in und mit der Pandemie gelebt wurde, müssen wir umdenken. Ich habe erkannt, dass wir uns in einer Übergangssituation befinden. Diese Einstellung hinderte mich teilweise daran, mich wieder verstärkt auf gute pädagogische Arbeit und Beratung zu konzentrieren. Sie hemmte auch meine Motivation und meine Kreativität.
Schluss damit! Auch wenn wir in festgelegten Betreuungssettings arbeiten, müssen wir für die Kinder alles möglich machen. Auch wenn wir nicht auf Funktionsbereiche, wie vor der Pandemie zuückgreifen können, müssen wir kreativ an neuen Formen arbeiten, wie z. B. monatliche Wechsel eines Funktionsbereiches im Gruppen- oder Nebenraum. Wenn wir keine altersheterogenen Kindergruppen aus allen Kindern der Einrichtung bilden können, müssen wir Kleingruppenangebote in sehr kleinen Formaten mehrfach durchführen. Wir müssen neue Formate für Projektgruppen entwickeln, Time Slots für Bewegungsräume erstellen, schauen welche Möglichkeiten, auch digital, für gute Elternarbeit entwickelt werden können. Wir müssen einfach wieder neu durchstarten.
Denn das, davon bin ich als Fachberatung und ehemalige Leitung überzeugt, dass können die Fachkräfte im Elementarbereich besonders gut. Sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen, kreativ sein und das Beste aus jeder Situation machen. Seit ich dieses Umdenken für mich als wichtig erkannt habe, bin ich motivierter und kann diese Motivation auch weitergeben. Ich habe viele neue Ideen und bin bereit, mich nicht von einer Pandemie unterkriegen zu lassen. Als großes Vorbild sehe ich tagtäglich die Kinder, die trotz allem so sehr anpassungsfähig sind, nicht jammern und mir durch ihre unbeirrbare Freude am Leben sehr viel Kraft geben.
Christiane Weise, Fachberatung der Bethanien Diakonissen-Stiftung in Frankfurt.