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Jeden Morgen, wenn die Sonne hinter den grünen Hügeln aufging, schlüpfte der alte Herr Morgenrot aus seinem Bett, zog sich den grünen Mantel und die dicken Schuhe an, packte seinen Rucksack und lief los. Die Menschen im Dorf lästerten über ihn, weil er immer so umherlief und niemand wusste, wohin er ging. Erst am Abend, kurz bevor die Sonne unterging, kehrte Herr Morgenrot ins Dorf zurück, tappte schweigend zu seinem Häuschen und verschwand. Tagein, tagaus geschah das so.
Doch eines Tages entschied sich der freche Lukas, dem Herrn Morgenrot zu folgen. Er wollte endlich wissen, wohin der grauhaarige Mann ging. Als Herr Morgenrot am nächsten Tag wieder durchs Dorf zog, schlich Lukas ihm hinterher. Er huschte vorbei an Häusern und Schildern und steuerte auf den Waldrand zu. Lukas überlegte. Wo wollte der Alte hin?
Auf einmal blieb Herr Morgenrot stehen, packte einen kleinen Korb aus seinem Rucksack aus und Lukas konnte sehen, wie der alte Mann sich dauernd bückte. Doch er konnte nicht erkennen, was Herr Morgenrot machte. Also schlich er näher heran. Da hörte er, wie der alte Mann sagte:
„Waldkünstler bin ich, Waldbilder mach ich. Aus Stöcken und Steinen und Blättern, den Feinen. Wird hier heut mein Bild, ganz sacht oder wild. Aus Früchten und Ästen vom Wald nur zum Besten. Wird heut meine Kunst, denn das ist mein Wunsch. Waldkünstler bin ich, Waldbilder mach ich.“
Lukas tippte sich gegen die Stirn. „Der spinnt doch, der Alte“, flüsterte er, folgte Herrn Morgenrot aber weiter in den Wald. Auf einer Lichtung blieb der alte Mann stehen, stellte den Korb neben sich auf den Boden, kniete sich hin und holte immer wieder etwas aus dem Korb. Lukas konnte nichts erkennen, und schlich noch näher. Da knackste ein Ast unter seinen Füßen. Erschrocken sprang er hinter einen Baum, lugte vorsichtig um den Stamm. Doch Herr Morgenrot schien nichts gehört zu haben. Gerade als Lukas sich wie-der auf Beobachtungsposition stellen wollte, hörte er Herrn Morgenrots Stimme. „Du kannst gern herkommen. Brauchst dich nicht verstecken vor mir.“
Lukas wurde ganz heiß. Für einen Moment überlegte er, ob er weglaufen sollte, doch die Neugier war zu groß.
Also trat er hinter dem Baum hervor und ging langsam auf Herrn Morgenrot zu. Als er näherkam, sah er, dass der Waldboden hier gar nicht aussah, wie der Wald sonst aussieht. Nein. Hier lag ein riesengroßes Bild, als hätte jemand den ganzen Boden bemalt. Doch das war nicht gemalt. Das waren viele kleine Früchte von Bäumen, unzählige Steinchen und Blätter. Das Bild war so groß, dass Lukas keinen Anfang und kein Ende sehen konnte.
„W-w-was machst du da?“, fragte Lukas.
„Ich bin der Waldkünstler. Und ich baue das Bild aus den Schätzen der Natur.“ Herr Mor-genrot winkte Lukas zu sich.
Vorsichtig, um nichts zu zerstören, trat Lukas neben den alten Mann. „Wow! Sieht das toll aus!“ Er sah sich um. Auf dem riesigen Bild waren Tiere und Vögel, Bäume und Himmel, Sterne und Sonne und sogar ein Schiff zu sehen. „So etwas Schönes habe ich noch nie ge-sehen.“ Lukas wusste gar nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Überall gab es etwas zu entdecken. Der ganze Wald schien ein einziges riesengroßes Bild zu sein.
„Bist du mir deshalb gefolgt?“, fragte Herr Morgenrot lächelnd.
„Ich wollte wissen, was du machst.“
„Soso.“
„Die Leute haben immer so komisch über dich geredet. Da wollte ich einfach mal schauen.
„Ach weißt du, mein Junge. Die Menschen reden viel. Zu viel. Davon darf man sich nicht ablenken lassen. Wichtig ist, was man selbst wirklich will. Und ich will mich jeden Tag bei der Natur bedanken.“ Lukas kniff die Augen zusammen. Das tat er immer, wenn er nachdenken musste. „Die Natur ist meine Heimat. Ich kann atmen, weil die Bäume unsere Luft reinigen. Ich kann ernten, weil es Sonne und Regen und Mutter Erde gibt. Ich will einfach jeden Tag DANKE sagen. Und deshalb nehme ich die Schätze der Natur und gestalte daraus mein Bild der Dankbarkeit.“
„Das will ich auch machen“, erklärte Lukas be-geistert und begann sofort, Blätter, Steine und Baumfrüchte zu sammeln.
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