23.03.2020
Maren Beckmann-Becker (Erzieherin) ©Mikael Vaisanen/GettyImages
Redaktion

"Stop – Im Namen der Kinder!"

Die Corona-Krise ist in den Medien und im Kitaalltag momentan das bestimmende Thema.  Auch viele Erzieherinnen und Kitaleitungen sind in Sorge, denn durch die Kitaschließungen stellen sich wichtige finanzielle und teilweise existenzielle Fragen. Doch trotzdem darf die Perspektive der Kinder in der Notfallbetreuung und zuhause nicht zu kurz kommen. Denn gerade jetzt brauchen Kinder achtsame Begleitung und Unterstützung. Ein Kommentar einer Erzieherin

Text: Maren Beckmann-Becker (Erzieherin)
Bild: ©Mikael Vaisanen/GettyImages

„Ich habe Angst!", „Kommt der Corona morgen zu uns?" Die Hände vor den Mund gepresst, den Kopf nach unten geneigt, steht die Vierjährige in einer Kindertageseinrichtung in Baden-Württemberg. Ein weiteres Kind der Kita berichtet am frühen Morgen es habe heute schon zum achten Mal die Hände gewaschen und müsse dies gleich wieder tun, damit „der Corona“ nicht komme. Die sechsjährige Schulanfängerin hüpft fröhlich durch die Einrichtung, bis sie plötzlich abrupt stehen bleibt und mit weit aufgerissenen Augen zur Erzieherin sagt: „Oh nein, wir haben uns heute beim Morgenkreis an den Händen berührt, das ist verboten!". Ihr kleiner dreijähriger Bruder ruft aufgeregt: „Ja, das dürfen wir nicht, sonst kommt doch der Corona" und rennt weg.

Scheinbar ungestört unterhalten sich Erwachsene über die aktuelle Corona-Situation. Es wird lebhaft diskutiert. Unterschiedliche Haltungen und Einstellungen zur Thematik prallen aufeinander. Sätze wie „Es dauert nicht mehr lange bis das Corona bei uns ist" oder „Wird nichts unternommen, bekommen wir womöglich alle Corona und einige werden sterben" schallen eindrücklich durch die Räume der Kita – scheinbar ungestört. Doch in Wirklichkeit halten sich die Kinder in unmittelbarer Nähe auf. Sie hören die Aussagen ihrer vertrauten, häuslichen und institutionellen Bezugspersonen und bekommen sichtbare und spürbare Angst. Angst vor “Dem Corona!“, „Wann wird er kommen?", „Kommt er in die Kita, oder kommt er nach Hause?", „Heute?", „Morgen?", „Und wer ist er eigentlich, dieser Corona?", „Wie sieht er aus?", „Wenn er da ist, wer passt dann auf uns auf?" Das sind Fragen, die die Kinder massiv belasten. Ängste entstehen und ein Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit macht sich breit.

STOP!!!

Tageseinrichtungen für Kinder haben nach §8 a SGB VIII einen Schutzauftrag. Dazu gehört unter anderem, Kinder vor Gefahren zu ihrem Wohl zu schützen. Persönlich und ganz besonders als pädagogische Fachkraft einer Kindertageseinrichtung habe ich das dringende und tiefe Bedürfnis für diejenigen meine Stimme zu erheben, die es selbst in diesem Maße nicht können – die Kinder.

Wir bewahren Kinder nicht vor einem Virus, indem wir als Erwachsene die Panik und Hysterie bei den Kindern befördern. Es ist nicht nur unsere Pflicht, die Kinder vor Angst, Überforderung und Hilflosigkeit zu schützen, sondern ihnen Halt und Orientierung zu geben. Die Aufgabe eines jeden sollte es sein, die Thematik nicht zu verharmlosen, sondern stattdessen achtsam mit der aktuellen Gesamtthematik umzugehen. 

Lasst uns gegenseitig ein rücksichtsvolles Miteinander etablieren, das geprägt ist von Sensibilität, bewusstem Handeln und Achtsamkeit!

Lasst uns gemeinsam den Kindern vorleben, wie man mit Besonnenheit und Bedacht herausfordernde Situationen bewältigt!

Lasst uns, im Sinne der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, gegenseitig in die Verantwortung nehmen, zum Wohl der Kinder zu agieren und unser Handeln zu reflektieren!  

Nebenbei können wir den Kindern in einem sicheren Rahmen, einen selbstverständlichen und verantwortungsbewussten Umgang der Hygienevorschriften vorleben und vermitteln. Nur so können wir die Kinder und deren Seelen in der aktuellen Corona-Situation wirklich schützen. 

 

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