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In den USA und auch in Deutschland haben in diesem Jahr tausende Menschen gegen Rassismus demonstriert. Aber es ist auch in der Kita ein Thema. Rassismus existiert nicht nur auf einer bewussten oder negativ gemeinten Ebene, sondern ist vielmehr von unbewussten Denkmustern geprägt. Diese haben einen größeren Einfluss, als man vermutet. Wenn Kinder schon in den ersten Lebensjahren Ausgrenzung erfahren, wirkt sich dies enorm auf die Identitätsbildung und das Selbstwertgefühl aus. Es gefährdet die emotionale, soziale und letztlich die gesamte Entwicklung der Kinder, die Rassismus erfahren. Rassismuskritik kann diese Umstände verbessern und sollte nicht als Angriff verstanden werden. Denn jeder Mensch hat rassistische Strukturen verinnerlicht. Es ist nur menschlich, in Schubladen zu denken. Es ist jedoch genauso menschlich, sich kritisch mit diesen auseinanderzusetzen.
Auf konzeptioneller Ebene muss klar definiert sein, dass Kinder nicht aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Herkunft anders behandelt werden. Weiterhin muss ein konkreter Abschnitt zum Thema Rassismus in der Konzeption verankert sein. Dieser sollte alle Fachkräfte zu regelmäßigen Fortbildungen verpflichten (siehe Punkt 2). Auch die in Punkt 3 vorgestellte rote Liste gehört in diesen Abschnitt. Problematisch ist eine Haltung, die grundsätzlich jeden Menschen als gleich betrachtet. Dieser Gedanke ist per se nicht negativ, aber unrealistisch. Viele Kinder mit Migrationshintergrund und deren Familien machen rassistische Erfahrungen. Betroffenen Familien zu suggerieren, man beachte weder Hautfarbe noch Herkunft, führt dazu, dass diese sich nicht gesehen oder ernst genommen fühlen. Die Einrichtung kann aber klarmachen, dass sie jeden Menschen gleich behandelt, aber auch dessen Herkunft, Aussehen und Kultur sowie die damit verbundenen Erfahrungen respektiert. Diese Offenheit ist essenziell für eine gelingende Erziehungspartnerschaft. Neben der einrichtungsinternen Konzeption muss jeder Träger ebenfalls konzeptionell einen Leitfaden zum Umgang mit dem Thema Rassismus erarbeiten.
Das Thema Rassismus ist viel zu groß, um sich selbst neben dem Alltagsgeschäft kurz einzulesen oder es eine halbe Stunde in der Teamsitzung anzuschneiden. Nicht umsonst gibt es Experten und Expertinnen, die auf diesem Gebiet Fortbildungen für Kitas anbieten. Es lohnt sich, hierfür Zeit und Geld zu investieren, um tatsächliche Chancengleichheit für alle Kinder in der Einrichtung bieten zu können. Nach einer Fortbildung darf das Thema nicht wieder unter den Tisch fallen. Literatur und Filmmaterial sollten dauerhaft für die Fachkräfte zur Verfügung stehen. Außerdem muss das Thema Rassismus immer wieder neu reflektiert werden.
Sie enthält Pflichtlektüre, die allen Fachkräften zugänglich sein soll. Das Team sollte die Liste gemeinsam erarbeiten. Dann verfügt es über einen Leitfaden für den Alltag. Schon kleinste Begriffe, die ganz harmlos und normal wirken, können erheblichen Einfluss haben. Neben offensichtlich rassistischen und veralteten Begriffen wie „Mohrenköpfe“ (während doch „Schokoküsse“ sowieso viel leckerer klingt, oder nicht?) gilt es auch, Phrasen wie „die Araber/Afrikaner / …“ zu reflektieren und zu realisieren, dass das Scheren über einen Kamm zu Stigmatisierungen führt. Diese Sprachregeln gelten nicht nur für die Kommunikation mit Kindern und deren Familien, sondern auch teamintern. Kinder nehmen äußerliche Unterschiede der Menschen neutral wahr, sie hören Akzente in der Sprache und erkennen Verschiedenheiten zwischen Kulturen. Deren Bewertung lernen sie aus ihrem Umfeld. Meist sind es Erwachsene, die – häufig unbewusst – Denkmuster an Kinder weitergeben. Dies geschieht über negative („Die sind immer so laut“) und positive Bewertung („Die können alle gut tanzen“). Beide Varianten unterteilen in „Wir“ und „Die Anderen“. Eine Spaltung, die Kinder aufgreifen und in ihrem Denken verankern. Sprache ist Macht. Nur wer konstant seine Sprache reflektiert und beherrscht, kann rassistische Strukturen nachhaltig verändern.
Glücklicherweise hat in den meisten Kitas bereits mindestens eine Puppe mit anderer Hautfarbe ein Zuhause gefunden. Doch was ist mit Puzzles, Spielen und Büchern? Häufig transportieren Abbildungen ein bestimmtes Bild von Norm. Bilderbücher haben sehr häufig höchstens eine Person mit einem dunkleren Hautton in der gesamten Geschichte. Auch auf Postern und Dekobildern dominiert weiße Haut. Mit fiktiven Charakteren, zum Beispiel mit Helden in Geschichten, müssen sich aber Kinder jeglichen Aussehens identifizieren können: Hautfarbe hat verschiedene Töne. Mit entsprechend vielfältigen Abbildungen und Geschichten können wir dazu beitragen, dass künftige Generationen in Sachen Rassismus reflektiert und aufgeklärt sind.
UNTER DEM NAMEN „BÄR IST BÄR“ ERSCHEINT IM WINTER 2020 EIN HOCH AKTUELLES KINDERBUCH, DAS KINDER BEWUSST FÜR RASSISTISCHE PROZESSE SENSIBILISIERT. ES WIRD AUF DER WEBSITE WWW.BUECHERPAEDAGOGIK.DE ERHÄLTLICH SEIN. DORT SIND AUSSERDEM ZAHLREICHE FACHARTIKEL ZUM THEMA RASSISMUS IN DER KITA UND DEM UMGANG MIT DIESEM ZU FINDEN.
www.vielfalt-mediathek.de/data/fair_in_der_kita_ teil_2.pdf
www.reachoutberlin.de/sites/default/files/Grundlagen-fuer-eine-diskriminierungsfreie-Paedagogik-Online.pdf
Natascha Vox (2013): Rassismus in der Kinder- und Jugendliteratur
Maya Hasenbeck (2017): Heute Fremde – morgen Freunde. Integration in der Kindergruppe praktisch fördern
Petra Wagner (2017): Handbuch Inklusion: Grundlagen vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung
https://www.tupoka.de/die-bildungsarbeit/
https://www.situationsansatz.de/ich-bin-nichtrassistisch- aber-eine-einfuehrung-in-dierassismuskritische- bildung-im-elementarbereich.html
Katharina Schäfer ist Sozialpädagogin, Sexualpädagogin, Autorin und Gründerin des Kinderbuchprojekts „Bücherpädagogik“.
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