27.05.2020
Sandra Drewel-Hesse ©Peter Dazeley/GettyImages
Redaktion

Kontakt halten – Kinderkanal und Wäscheleine

Die Weidenkätzchen gucken raus, Marlene kann Radfahren,und in der Notbetreuung werden Spaghetti gekocht. Wer wissen will, was los ist, schaut Kinderkanal. In der Kita unserer Autorin halten Fachkräfte, Kinder und Eltern online Kontakt. Was das für die Familien bedeutet und warum auch eine Wäscheleine zum Einsatzkommt, lesen Sie hier.

Text: Sandra Drewel-Hesse
Bild: ©Peter Dazeley/GettyImages

Wir alle stehen alle vor großen Aufgaben – Kinder und Eltern, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Politiker, medizinisches Fachpersonal und Wissenschaftler. Uns stellt sich die Frage: Was können wir als Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen in dieser Krise für die Familien tun? Wie können wir auch jetzt unserem Bildungsauftrag nachkommen, was ist relevant und wirklich von Nöten? Wie kann uns das mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, gelingen?

Es gibt sicher nicht die eine Lösung. Selbst Experten streiten über den richtigen Weg. Ich habe mich mit Kolleginnen und Kollegen, mit Eltern und Kindern ausgetauscht. Wir haben überlegt, wir Familien in der Notbetreuung und in der Zeit der Kita-Schließung zur Seite stehen. Besondern auch den Familien, die keinen Anspruch auf Notbetreuung haben.

Rauszuhören ist, dass die Kinder ihre Bezugspersonen vermissen, die Kita an sich und ihre Freunde. Dabei geht es nicht einmal um inhaltliche Sachen oder spezielle Förderung und Lernbereiche. Es sind die elementarsten Dinge. Die Kinder stellen sich ähnliche Fragen, die auch wir Erwachsenen uns stellen. Sie wollen wissen, wie es dem Freund oder der der Erzieherin geht. Sie stellen sich die Frage, wie es in der Kita aussieht, wer noch arbeitet und was Notbetreuung bedeutet. Auch die Frage, was Corona ist, wird immer wiedergestellt. Die Kinder wollen sich aber auch mitteilen. Sie wollen erzählen, dass sie Fahrrad fahren gelernt oder wie sie Geburtstag gefeiert haben. Mit anderen Worten: Die Kinder wollen Verbindung, Kontakt halten und Austausch.

Dies machen wir möglich. In unseren Kinderhäusern haben wir einen Kinderkanal, mit Hilfe von Eltern online und Passwort geschützt, auf die Beine gestellt. Die Kinder und Familien schicken uns kleine Videos, Fotos und Texte als Teilhabe an der Mitgestaltung und Mitbestimmung der Beiträge des Kinderkanals. Auch wir Mitarbeiter beantworten Fragen, stellen Beiträge ein und erzählen lebensnah aus den Kinderhäusern, damit die Kinder immer auf dem Laufenden sind. Sie wissen was Notbetreuung bedeutet, welche Mitarbeiter im Kinderhaus zu Zeit eingesetzt sind und haben Teil daran, wie der Alltag der Kinder in der Notbetreuung aussieht. Sie haben zum Beispiel erfahren, dass neuer Rasen eingesät wurde, die Weiden im Garten gepflegt werden, Eier bemalt wurden und die Kinder mit den Erziehern gemeinsam das Mittagessen zubereiten.

Auch über E-Mail-Verkehr wird sich ausgetauscht, telefoniert, es werden Geburtstagskronen vor die Türen gelegt, Lesebücher online gestellt, Lieblingsrezepte aus dem Kinderhaus eingefordert, damit sie zu Hause zubereitet werden können und Liedwünsche geschickt. Jeder hat die Möglichkeit mitzugestalten. Kollegen und Eltern übersetzen Briefe in verschiedenen Sprachen, die auch über den altbekannten Postweg verschickt werden, damit man jede Familie erreicht. Es gibt eine Poststation in Form einer Wäscheleine für Nachrichten am Zaun des Kinderhauses, damit auch hier Kinder die Möglichkeit haben, Nachrichten, Bilder oder Ähnliches zu hinterlassen und sich weiterhin untereinander auszutauschen. Wir bieten durch speziell ausgebildete Fachkräfte für Beratung ein offenes Ohr für Eltern an, geben Hilfestellungen, wo es von Nöten ist, verweisen an die Telefonseelsorge und Notfallnummern oder andere Institutionen. Wir aktualisieren täglich unsere Homepage oder informieren über unsere geschlossene Gruppe bei Facebook.

Wir wissen, dass auch dies noch ausbaufähig ist und überlegen ständig gemeinsam, auch mit den Eltern und Kindern, wie wir es noch weiter ausbauen können. Wir versuchen Anregungen und Wünsche der Familien zu berücksichtigen. Manche Probleme in den Familien werden dadurch nicht geringer, manchen Familien ist damit nicht geholfen, weil bei ihnen viel größere Nöte walten. Aber sie sind in Kontakt mit uns und spüren, dass sie gehört werden. Auch das ist ein großes Thema in dieser Zeit, dass Verbindungen und Bindungen bestehen bleiben, dass Familien sich nicht allein gelassen fühlen, trotz des Druckes auf allen Ebenen und der Ausnahmesituation, in der sie momentan stecken.

Es ist ein Weg, sicher nicht der einzige und nicht immer der perfekte. Aber geht es immer um Perfektion? Wir erhalten gerade von den Familien viel positive Rückmeldung und Resonanz. Und wenn wir alle gut zusammen arbeiten, den positiven Blick nicht verlieren und nicht das Gefühl haben, allein zu sein, schaffen wir das! Uns bedeutet das sehr viel, weil uns die Familien am Herzen liegen.

Sandra Drewel-Hesse ist Erzieherin, Kinderschutzfachkraft und Familylab-Seminarleiterin nach Jesper Juul. Sie arbeitet in einer Kita in Siegburg.

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