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Emotionales Lernen beginnt in den ersten Lebensmomenten und setzt sich ein Leben lang fort. Die Schritte emotionaler Entwicklung vollziehen sich am deutlichsten in den ersten 6 Lebensjahren und umfassen den nonverbalen und verbalen Emotionsausdruck, das Emotionswissen (das Wissen über Auslöser bestimmter Emotionen bei sich und anderen) und die Emotionsregulation (innere und äußere Strategien im Umgang mit Emotionen).
Diese Bereiche entwickeln sich parallel zueinander und beeinflussen sich wechselseitig. Die Entwicklung des Emotionsausdrucks geschieht im Entwicklungsverlauf zunächst als Antwort auf die nonverbale Äußerung von grundlegenden Gefühlen wie Freude, Traurigkeit, Ärger und Angst. In den ersten zwei Lebensjahren lernt das Kind gleichzeitig, emotionale und emotionsrelevante Äußerungen der Bezugspersonen zu erkennen (z. B. die aufmunternde Stimme der Mutter) und darauf zu reagieren (z. B. durch ein Lächeln).
Schon Neugeborene sind in der Lage, 5 Vorläufer-Emotionen zu empfinden und auszudrücken. Das sind Distress, Wohlbehagen, Interesse, Ekel und Erschrecken. Die Emotionspalette des 3-jährigen Kindes beinhaltet schon Interesse, Freude, Wohlbehagen, Zuneigung, Belustigung, Ekel, Erschrecken, Überraschung, Furcht, Fremdeln, Distress, Frustration, Ärger, Traurigkeit, Verlegenheit, Trotz, Eifersucht, Stolz, Scham, Mitgefühl, Neid und Schuld (vgl. Gutknecht et al. 2017).
Regulationsstrategien und Verhaltensweisen, mit welchen es sich z. B. in Stress-Situationen selbst beruhigen kann (z. B. durch Daumenlutschen oder mit Hilfe des Kuscheltieres), lernt das Kind in Situationen, wo es auf sich allein gestellt ist.
Verbale Gefühlsäußerungen entwickeln sich ab dem 2. Lebensjahr und erweitern die kindlichen Ausdrucksmöglichkeiten emotionaler Kommunikation, Interaktion und Lernmöglichkeiten. Über Gefühle zu sprechen wird mit zunehmendem Alter wichtiger, der nonverbale Emotionsausdruck ist für das Verständnis von Emotionen jedoch weiterhin von großer Bedeutung.
Durch die Versprachlichung von emotionalem Erleben entwickelt das Kind anhand konkreter Situationen sogenannte „emotionale Schemata“ (Ulich et al. 1999), d. h. ein stetig wachsendes Repertoire an „Allgemeinwissen“ über typische Auslöser von bestimmten Emotionen, die es in neuen Situationen anwenden kann. Auf diese Weise erwirbt das Kind die Fähigkeit, emotionale Situationen und Reaktionen bei sich und bei anderen vorauszusehen und entsprechend zu handeln (z. B. unangenehme emotionale Situationen zu meiden) (Wertfein 2020).
Im Vorschulalter lernt das Kind zunehmend auch komplexe Emotionen, wie z. B. Stolz, Scham, Schuld oder Neid kennen. Dies sind selbstbezogene und soziale Emotionen, welche gewisse kognitive Entwicklungsschritte und ein differenziertes Emotionsverständnis voraussetzen. Ein Verständnis für die Emotionen anderer, setzt voraus, dass das Kind erkennt, in welchen Situationen welche Gefühle bei ihm selbst ausgelöst werden.
Die Fähigkeit, eine emotionale Situation wahrzunehmen und Gefühle stellvertretend mit der betroffenen Person mitzuerleben (Empathiefähigkeit) sind vor allem kognitive Faktoren, wie z. B. das Wissen darüber, dass der beobachtbare Emotionsausdruck und das tatsächliche Emotionserleben in sozialen Kontexten nicht immer übereinstimmen müssen (Petermann/Wiedebusch 2003/Saarni 1999). Die Entwicklung der Empathiefähigkeit lässt sich beschreiben als einen Prozess von einer selbstbezogenen Sichtweise im ersten Lebensjahr, hin zu einer kontextbezogenen Empathie in der späteren Kindheit.
Diese Fähigkeit befähigt Kinder, in ihrem prosozialen Handeln auch übergreifende Lebensbedingungen zu berücksichtigen (Hoffman 2000).
Kinder lernen in jeder emotional erlebten Situation einen inneren und äußeren Umgang mit ihren Gefühlen. Kommen junge Kinder in Stress-Situationen, regulieren sie ihre Emotionen interaktiv, d. h. mit Unterstützung der Bezugspersonen.
Mit zunehmendem Alter lernen die Kinder, dass sie durch eine gezielte Ablenkung ihrer Aufmerksamkeit oder Rückzug unangenehme Situationen und Gefühle (z. B. Frust durch einen unerreichbaren Gegenstand) vermeiden können. Zudem erfahren Kinder die Wirkung von Selbstberuhigungsstrategien, etwa durch körperliche Beruhigung (Schaukeln, Saugen), im Vorschulalter durch beruhigende Verhaltensrituale (z. B. Durchatmen) oder Selbstgespräche. Schließlich wenden Kinder ab dem Vorschulalter auch kognitive Strategien an, wie gedankliche Ablenkung oder Umdeutung von emotionsauslösenden Situationen (Petermann/Wiedebusch, 2003).
Emotionale Beziehungen sind die Basis für die gesamte Entwicklung des Kindes. Das Konzept der Feinfühligkeit von Mary Ainsworth (1913 - 1999) beschreibt die Bedeutung der Feinfühligkeit der Mutter für einen Aufbau einer sicheren Bindung. Hierbei geht es um das Wahrnehmen der kindlichen Signale, die korrekte Interpretation sowie eine prompte und angemessene Reaktion darauf. Schon bei sehr jungen Kindern wird deutlich, dass sie Emotionen häufiger zeigen, wenn sie viel emotionale Aufmerksamkeit und körperliche Zuwendung erfahren.
Die Herausforderung für pädagogische Fachkräfte ist ein emotionales Antwortverhalten (Responsivität) zu entwickeln, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre Gefühle wahrzunehmen, zu äußern und regulieren zu lernen.
Grundvoraussetzung für das Gelingen ist eine geschulte Wahrnehmung des Körperausdrucks und das Bemerken der individuellen Signale des Kindes. Die Individualität jedes Kindes ist hier zu beachten.
Ein guter Austausch mit den Eltern ist hier von großer Bedeutung, um die individuellen Ausdrucksformen der Kinder besser verstehen zu können. Eine grundlegende Haltung, die von Akzeptanz und Wertschätzung geprägt ist, die die Vielfältigkeit und Autonomie der Kinder anerkennt, innerlich beteiligt und aufrichtig interessiert ist, ist die Basis für unterstützende Interaktion zwischen Kind und Erwachsenen. Zugänglichkeit und Aufmerksamkeit signali-
sieren heißt einen deutlichen, authentischen und emotionalen Ausdruck, mit allen Ausdruckskanälen (Sprache, Stimme, Gesicht und Körper), zu zeigen und in der Kommunikation emotionale Appelle der Kinder, verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Stimulierend ist ein generelles emotionales Klima in der Einrichtung. Selbstreflexion und Feedback sind für die Fachkräfte unterstützend.
Für eine gute emotionale Entwicklung von Kindern braucht es Erwachsene, die die Emotionen der Kinder wahrnehmen und ihnen durch ihr Antwortverhalten die Möglichkeit geben, sich selbst und andere besser kennenzulernen. Es geht darum, sich gegenseitig kennenzulernen, einzuschätzen und abstimmen zu können. Dies gelingt am besten in einem abgestimmten Dialog mit dem Kind, der die stimmlichen und körperlichen Ausdruckskanäle miteinander verbindet.
Erst wenn Kinder das Gesagte auch körperlich erlebt haben, festigen sich diese Erfahrungen in ihnen. Umso jünger das Kind, umso prompter müssen die Antworten des Erwachsenen erfolgen. Haben Kinder das Gefühl der Bedürfnisbefriedigung oft erfahren, können sie später, in dem Bewusstsein, dass ihre Signale beantwortet werden, ihre Emotionen besser regulieren.
Überprüfen Sie Ihr Handeln in der Gestaltung Ihrer Schlüsselsituationen:
Stimmen Sie sich mit Ihren Kolleg*nnen ab, schaffen Sie eine Atmosphäre, die für alle Kinder sicher und wiederkehrend ist. Unterstützen Sie sich gegenseitig im Team, indem Sie sich Feedback zur Interaktionsqualität mit den Kindern geben.
Seien Sie Übersetzer*innen für die Bedürfnisse der Kinder und verbalisieren Sie die wahrgenommenen Signal, der Kinder.
Visualisieren Sie verschiedene Gefühlsausdrücke von Kindern mit Hilfe von Bildern und Fotos und schaffen Sie damit eine weitere Ausdrucksmöglichkeit für die Kinder.
Peggy Sarnowsky-Bresnik, freiberufliche Referentin im Bereich Bildung und Erziehung der frühen Kindheit und Kitamanagement, Coach für Einzelpersonen und Teams.
Kontakt: www.kita-coaching-und-beratung.de
Literatur:
Gutknecht, Dorothee/Kramer, Maren/Daltrop, Kira: Kinder bis drei Jahre in Krippe und Kita. Kindergarten heute praxis kompakt. Herder 2017
Hoffman, Martin L.: Empathy and moral development. Implications for caring and justice. Cambridge University Press 2000
Petermann, Franz/Wiedebusch, Silvia: Emotionale Kompetenz bei Kindern. Hogrefe 2003
Saarni, Carolyn: The development of emotional competence. Guilford Press 1999
Ulich, D./Kienbaum, J./Volland, C.: Emotionale Schemata und Emotionsdifferenzierung. In: Friedlmeier, Wolfgang/Holodynski, Manfred (Hrsg.): Emotionale Entwicklung. Funktion, Regulation und soziokultureller Kontext von Emotionen. Spektrum 1999
Wertfein, Monika Dr.: Emotionale Entwicklung von Anfang an. Wie lernen Kinder den kompetenten Umgang mit Gefühlen? (Teil 1)
Link:
www.familienhandbuch.de/babys-kinder/ bildungsbereiche/soziale/EmotionaleEntwicklungvonAnfangan.php (Stand 12/2020)
Bilderbücher:
Van Hout, Mies: Heute bin ich. Aracari 2012
LLenas, Anna: Das Farbenmonster. Jacoby Stuart 2018
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